EBA-Laufbahnen in den Branchen Schreinerei und Hauswirtschaft

Kategorie Projekt

Ausgangslage und Ziele

Mit der Inkraftsetzung des neuen Berufsbildungsgesetzes (1.1.2004) wurde die «Anlehre» durch die neue zweijährige Grundbildung mit Berufsattest ersetzt. Diese setzt auf eine stärkere Standardisierung der Ausbildungsinhalte und -ziele, um die Arbeitsmarktfähigkeit der Absolventinnen und Absolventen und die Durchlässigkeit zu weiterführenden Ausbildungen zu verbessern. Von verschiedenen Seiten wird allerdings befürchtet, dass manche Jugendliche den neuen Anforderungen nicht gewachsen sind und in der Folge auch ihre berufliche Integration gefährdet ist. Die Branchen Gastronomie und Detailhandel starteten 2005 mit den neuen Ausbildungen. Eine im Zeitraum 2005-2009 durchgeführte Studie der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik in Zusammenarbeit mit dem SRED (Service de la Recherche en Education) in Genf untersuchte im Rahmen einer Längsschnittstudie gesamtschweizerisch die berufliche Entwicklung von Absolventinnen und Absolventen der Ausbildung in diesen beiden Branchen (Kammermann, Amos, Hofmann & Hättich, 2009; Informationen unter Studie 1_5). Weitere Branchen erarbeiteten in den folgenden Jahren neue Ausbildungsgänge, u.a. für die beiden Berufe «Schreinerpraktiker/in» und «Hauswirtschaftspraktiker/in», die insbesondere auch für eher praktisch veranlagte, schulisch schwächere Jugendliche attraktiv sind. Aus diesem Grund wurde diese Anschlussstudie an die bestehende Studie angereiht (2009-2013), auch um den unterschiedlichen Konzepten und Populationen, die in den verschiedenen Branchen vorzufinden sind, Rechnung zu tragen.

Projektleitung

Kurt Häfeli Titel Prof. Dr. em.

Funktion

Ehemaliger Leiter Forschung und Entwicklung

Fakten

  • Dauer
    08.2009
    07.2013
  • Neue Projektnummer
    1_12

Projektteam

Fragestellung

Folgende Fragestellungen stehen im Zentrum des Forschungsprojekts:

  1. Welche Jugendlichen absolvieren eine Grundbildung mit Berufsattest (u.a. schulische Herkunft, sozialer Hintergrund)?
  2. Wie erleben und bewerten sie die Ausbildung (Belastung in Schule und Betrieb, Zufriedenheit mit den Ausbildungsinhalten, usw.)?
  3. Wie präsentiert sich ihre berufliche Situation nach Abschluss der Ausbildung (Stichworte «Arbeitsmarktfähigkeit», «Durchlässigkeit»)?
  4. Welche Faktoren (sozial-strukturelle, ausbildungsbezogene, persönliche) tragen zum Gelingen des beruflichen Einstiegs bei, welche wirken erschwerend?

Methodisches Vorgehen

Im Zentrum der Befragung steht die Sicht der Lernenden: Am Ende ihrer Ausbildung wurden sie in ihren Berufsfachschulklassen schriftlich zu ihrer bisherigen Berufslaufbahn und ihrer Ausbildungssituation befragt (t1: Mai/Juni 2009, N=206). Rund ein Jahr später (t2: August/September 2010) und ein weiteres Mal zwei Jahre später (t3: Mai/Juni 2012) wurden die ehemaligen Lernenden telefonisch wieder kontaktiert, um sie zu ihrer aktuellen beruflichen Situation nach Ausbildungsabschluss zu befragen (t2: N=141, d.h. 69% konnten wieder erreicht werden, t3: N=98, 47.6%). Ergänzend dazu wurden die Perspektiven von betrieblichen Berufsbildenden (N=65), Lehrpersonen in Berufsfachschulen (N=21) und arbeitgebenden Betrieben (N=30) erhoben. Die Befragungen fanden in folgenden Deutschschweizer Kantonen statt: Zürich, St. Gallen, Bern, Aarau, Basel und Luzern.

Ergebnisse

Von Seiten der Lernenden, aber auch von Seiten der Berufsbildenden wird die neue Ausbildung insgesamt mehrheitlich positiv beurteilt. Die meisten Lernenden fühlen sich in der Schule und im Betrieb nicht übermässig belastet, sind mit den eigenen Leistungen zufrieden und beurteilen die betriebliche und schulische Situation positiv. Diese Einschätzungen gelten für beide Branchen. Deutliche Unterschiede zwischen den beiden Branchen bestehen hingegen bei der schulischen Herkunft der Lernenden: Der Anteil der Lernenden, die vor der Ausbildung ausschliesslich eine Regelklasse besucht haben, ist in der Schreinerei mit 56% markant höher als in der Hauswirtschaft (34%). Demgegenüber sind es in der Hauswirtschaft 17%, die ausschliesslich eine Sonderklasse oder –schule besucht haben, in der Schreinerei beträgt dieser Anteil nur 4.4%. Ein Jahr nach Ausbildungsabschluss (t2) sind rund vier Fünftel der Befragten beruflich integriert: Ein Drittel arbeitet im erlernten Beruf, knapp ein Fünftel übt eine andere Tätigkeit aus. Ein Viertel der Schreinerpraktikerinnen und -praktiker und 28% der Hauswirtschaftspraktikerinnen und -praktiker absolvieren eine weitere Ausbildung (mehrheitlich mit dem Ziel eidg. Fähigkeitszeugnis). Bei den Anstellungsbedingungen sind einige signifikante Branchenunterschiede zu verzeichnen: Schreinerpraktikerinnen und -praktiker verdienen mehr als ihre Kolleginnen und Kollegen in der Hauswirtschaft, arbeiten häufiger Vollzeit in kleineren Betrieben und sind fast zur Hälfte temporär angestellt. Die berufliche Zufriedenheit unterscheidet sich hingegen nicht zwischen den Branchen: Knapp drei Viertel der Befragten sind mit ihrer aktuellen Situation zufrieden.

Weitere zwei Jahre später (t3) liegt der Anteil der beruflich Integrierten bei knapp 90%. Zwei Fünftel arbeiten weiterhin im erlernten Beruf, ein Viertel geht einer anderen beruflichen Tätigkeit nach. Die grosse Mehrheit der Schreinerpraktiker/-innen arbeitet inzwischen Vollzeit und festangestellt (87%), bei den Hauswirtschaftspraktiker/-innen sind ebenfalls die meisten festangestellt, allerdings arbeitet rund ein Drittel Teilzeit. Nur 4% bei den Schreinerpraktiker/-innen, jedoch 15% der Hauswirtschaftspraktiker/-innen gehen keiner Erwerbstätigkeit nach. Rund 80% der Befragten bezeichnen sich als «ziemlich» bis «ausserordentlich» zufrieden mit ihrer beruflichen Situation. Dies gilt insbesondere auch für ehemalige Sonderschüler/-innen oder –klässlerinnen.

Publikationen