KOMPAS 1 – Hauptstudie

Kategorie Projekt

Ausgangslage und Ziele

Untersuchungen zur kommunikativen Partizipation von mehrsprachigen Kindern im Alter von 5–7 Jahren mit Deutsch als Zweitsprache gibt es bisher nicht. Ziel der Studie ist es auf Grundlage der KomPaS-Vorstudie in Teil 1 einen Sprachgruppenvergleich bzgl. der kommunikativen Kompetenz von Kindern und in Teil 2 eine Wirksamkeitsüberprüfung des Förderkonzepts SPRINT für mehrsprachige Kinder (5–7 J.) zu erheben.

Projektleitung

Karoline Sammann Titel Prof.

Funktion

Leiterin Institut für Sprache und Kommunikation

Fakten

  • Dauer
    05.2021
    03.2023
  • Neue Projektnummer
    4_49

Kooperationen

Finanzielle Unterstützung

Ausgangslage und Ziele

Dem Begriff der kommunikativen Partizipation kommt im Zusammenhang mit der Wirksamkeit von Sprachfördermassnahmen eine besondere Bedeutung zu. Kommunikative Partizipation wird definiert als die sprachlich-interaktive Teilnahme an Lebenssituationen in denen Wissen, Informationen, Ideen oder Gefühle ausgetauscht werden (Eadie et al., 2006). Forschungsarbeiten zur kommunikativen Partizipation gibt es vor allem aus der sonderpädagogischen Perspektive, die eine niedrigere Beteiligung in der Kommunikation bei Kindern mit einer Sprachbeeinträchtigung im Vergleich zu sich typisch entwickelnden Kindern aufzeigen (Blechschmidt, 2013; Fortmüller et al., 2016; Neumann et al., 2018; Opitz et al. 2019). Die Gründe dafür, können je nach zugrundeliegender Sprach- oder Kommunikationsbeeinträchtigung unterschiedlich sein. Die Studie von Opitz et al. (2019) zeigte, dass eine geringere kommunikative Partizipation bei Kindern mit einer Sprachentwicklungsstörung mit dem eingeschränkten Sprachverständnis einhergeht. Untersuchungen zur kommunikativen Partizipation von mehrsprachigen Kindern im Alter von 5-7 Jahren mit Deutsch als Zweitsprache gibt es bisher nicht. Die Idee der vorliegenden Studie ist es, hier eine Lücke zu schliessen und einen Beitrag für Wissenschaft und Praxis zu leisten.

Im Rahmen des vorausgegangenen Entwicklungsprojekts, wurde zwischen 2018 und 2020 das Förderkonzept SPRINT für mehrsprachige Kinder im Kindergartenalter (4-7 Jahre) entwickelt. Ziel war es ein Förderkonzept zur bewegungsorientierten Sprachförderung zu entwickeln, welches alltagsintegriert von Lehrpersonen, Logopäden:innen und Psychomotorik-therapeuten:innen eingesetzt werden kann, um Kinder mit Deutsch als Zweitsprache (DaZ) im Bereich der pragmatisch-kommunikativen Kompetenzen zu fördern. Dieses Förderkonzept ist in enger Zusammenarbeit mit der Praxis erprobt, überarbeitet und fertiggestellt worden und wird in der vorliegenden Studie als Intervention für die Förderung der Zielgruppe eingesetzt.

Ziel der KomPaS-Hauptstudie ist es auf Grundlage der KomPaS-Vorstudie in Teil 1 einen Sprachgruppenvergleich bzgl der kommunikativen Kompetenz von Kindern und in Teil 2 eine Wirksamkeitsüberprüfung des Förderkonzepts SPRINT für mehrsprachige Kinder (5–7 J.) zu erheben.

Fragestellungen:

  1. Unterscheidet sich die kommunikative Partizipation zwischen mehrsprachigen Kindern mit DaZ mit und ohne Sprachbeeinträchtigung und einsprachig-deutschsprechenden Kindern?
  2. Ist die sprachstrukturelle Förderung (usual care: DaZ-Förderung) der Kombination aus sprachstruktureller und pragmatisch-kommunikativer Förderung (additional care: DaZ-Förderung & Förderkonzept SPRINT) unterlegen? Wenn ja, welchen Mehrwert hat ‘additional care’ hinsichtlich der Wirksamkeit auf die kommunikative Partizipation?

Methoden

Die erste Fragestellung wird mittels Querschnittsdesign untersucht, das die Einschätzungen zur kommunikativen Partizipation aus drei Sprachgruppen (Kindergartenkinder im Alter von 5 bis 7 Jahren mit Migrationshintergrund und Zweitsprache Deutsch, einsprachig-deutschsprechende Kindern mit und ohne Sprachbeeinträchtigung) vergleicht. Pro Gruppe werden n = 40 Erhebungen (Fremd- und Selbstbeurteilung) durchgeführt. Als Erhebungsinstrument wird der für die Altersstufe angepasste und pilotierte FBA – Selbst- und Fremdbefragungsbogen verwendet (Opitz & Neumann, 2019).

Für die zweite Fragestellung zur Wirksamkeit der beiden Fördermassnahmen (sprachstrukturelle Förderung (herkömmlicher Daz-Unterricht) vs. sprachstrukturelle und pragmatisch-kommunikative Förderung mit dem SPRINT-Förderkonzept) innerhalb der Gruppe der Kinder mit Migrationshintergrund und Zweitsprache Deutsch wird eine nicht-randomisiert-kontrollierte Studie mittels eines Vorher-Nachher-Vergleichs durchgeführt.

Erwartete Ergebnisse

KomPaS soll fehlendes Wissen über die kommunikative Partizipation bei Kindern mit DaZ liefern und Aufschluss über deren Teilhabe, Integration und kommunikative Partizipation geben. Die Einschätzung der kommunikativen Partizipation ist wesentlich für die allgemeine pädagogisch-therapeutische Praxis (integrierte heilpädagogische Förderung, Logopädie, Psychomotoriktherapie). Der erstmalige Einsatz des angepassten Instrumentes FBA 5-10 in einer Gruppe von Kindern mit DaZ ist wegweisend für künftige Wirksamkeitsüberprüfungen von Sprachförderprogrammen, die Aussagen zur sozialen Evidenz beanspruchen («Erfüllt die Förderung ihren Zweck? D.h., wirkt sie sich bis auf die Ebene Teilhabe und Integration aus?»).

Zeigen sich durch die Förderung mit dem Förderkonzept SPRINT quantitative und qualitative Veränderungen bei den Kindern, so kann das Förderkonzept im deutschsprachigen Raum nach der Veröffentlichung für die pädagogisch-therapeutische Förderung zur Verfügung gestellt werden und Kinder vermehrt darin unterstützen zu einer grösseren kommunikativen Teilhabe zu gelangen. Nach Abschluss des Projektes können Weiterbildungsangebote sowie Beratungen und Schulungen in pädagogischen Institutionen erarbeitet werden.

Literatur

  • Blechschmidt, A. (2013). «Wir sind dabei!»: Sprachdidaktische Diagnostik zur Kommunikationspartizipation bei Lippen-Kiefer-Gaumen-Segel-Fehlbildung. Kovac.
  • Eadie, T. L., Yorkston, K. M., Klasner, E. R., Dudgeon, B. J., Deitz, J. C., Baylor, C. R., u.a. (2006). Measuring communicative participation: a review of self-report instruments in speech-language pathology. American Journal of Speech-Language Pathology, 15(4), 307-320. doi:10.1044/1058-0360(2006/030)
  • Fortmüller, N., Hennies, J., Hintermair, M., Nedden, T. (2016). Kommunikative Partizipation und Integrationserleben hörgeschädigter Schülerinnen und Schüler an einer Schwerpunktschule. Empirische Sonderpädagogik 8(2), 153–170.
  • Neumann, S., Salm, S., Robertson, B., & Thomas-Stonell, N. (2018). Kommunikative Partizipation von Kindern im Vorschulalter - Erste deutsche Referenzdaten zum 'Fokus auf den Erfolg der Kommunikation für Kinder unter sechs Jahren' (FOCUS ©-G). Logos, 26(3), 176–185.
  • Opitz, M., & Neumann, S. (2019). Selbsteinschätzung der kommunikativen Partizipation von Grundschulkindern mit (S)SES. Erste Daten anhand des ‚Fragebogens zur Beteiligung an Alltagskommunikation' (FBA 6-10). Forschung Sprache, 7(2), 37–52.

Publikationen

  • Sammann, K., Sodogé, A., & von Allmen, D. Y.
    KomPaS – Eine Studie zur Wirksamkeit der pragmatisch-kommunikativen Sprachförderung bei Kindergartenkindern mit Deutsch als Zweitsprache bezüglich der kommunikativen Partizipation: Anpassung Erfassungsinstrument.
    Forschungskolloquium, Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik,
    Zürich, Schweiz (online).
  • Sammann, K., & Sodogé, A.
    Kommunikative Partizipation im Kindergarten: Ein Sprachgruppenvergleich von Kindern mit deutsch als Zweitsprache, Kindern mit SES und einsprachig deutsch sprechenden Kindern in Bezug auf die kommunikative Partizipation
    [Konferenzvortrag].
    DBL Kongress 2022, 50. Jahre DBL,
    Koblenz, Deutschland.
  • Sammann, K., & Sodogé, A.
    Wirksamkeit der pragmatisch-kommunikativen Sprachförderung im integrativen Setting bei Kindergartenkindern mit DaZ, mit SES, einsprachig deutschsprechend
    [Konferenzvortrag].
    34. DGS-Kongress: Sprache, Kommunikation, Digitalität,
    Berlin, Deutschland.
  • Sammann, K., Sodogé, A., & von Allmen, D. Y.
    (2022).
    Förderung der pragmatisch-kommunikativen Kompetenzen von mehrsprachigen Kindergartenkindern am Beispiel des Förderkonzepts SPRINT.
    In M. Spreer, M. Wahl, & H. Beek (Hrsg.),
    Sprachentwicklung im Dialog: Digitalität – Kommunikation – Partizipation
    (S. 285–293).
    Schulz-Kirchner Verlag.
  • Sammann, K., Sodogé, A., & von Allmen, D. Y.
    (2023).
    Kommunikative Partizipation: Ein Sprachgruppenvergleich. Unterscheiden sich Kindergartenkinder mit Deutsch als Zweitsprache in der kommunikativen Partizipation von einsprachig-deutschsprechenden Kindern und Kindern mit Sprachentwicklungsstörungen?
    Forschung Sprache dgs,
    11
    (1),
    3–11.