Frühe Inklusion

Kategorie Institutsthema

Die Inklusion in Kindertagesstätten oder Spielgruppen – und damit die Stärkung der Teilhabemöglichkeiten von Kindern mit Behinderung und deren Familien – ist eine gemeinsame Aufgabe der Heilpädagogik und der frühen Bildung.

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Matthias Lütolf Titel MA

Funktion

Senior Lecturer

Simone Schaub Titel Dr. phil.

Funktion

Senior Researcher

Inklusive Bildung hat im pädagogischen und sonderpädagogischen Diskurs, bei Eltern und Interessensvertretern im Bereich der Schule seit geraumer Zeit Bestand. Mit der Schweizer Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention (BRK) im Jahre 2014 richtet sich der Blick gezielter auf das Recht auf Teilhabe von Geburt an. Diese ist eine bedeutende Voraussetzung für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung.

In der Schweiz wird die Inklusion im Vorschulbereich bislang nur vereinzelt und regional sehr unterschiedlich realisiert. Zahlreiche Anstrengungen auf privater, städtischer und kantonaler Ebene führten in den letzten Jahren allerdings zu einer zunehmenden Inklusion von Kindern mit Behinderung in Kindertagesstätten (Lütolf & Schaub, 2017) und zu Erfolgserlebnissen bei Eltern, wie das folgende Zitat von Eltern eines Kindes mit Behinderung, welches die Kita besucht, zeigt: «Jedes Kind, wenn es zusammen mit anderen Kindern ist, blüht es meiner Meinung nach auf. Also da ist es egal, ob es eine Behinderung hat, das spielt wirklich keine Rolle.»

Wie lassen sich Inklusion oder inklusive Pädagogik definieren? Was bedeutet Teilhabe? Die folgende Übersicht zeigt die wichtigsten Begriffsdefinitionen, die im Zusammenhang mit dem Thema frühe Inklusion verwendet werden.

Begriffsdefinitionen

  • Inklusion: Gestützt auf die HfH-Strategie 2022–2025 wird der Begriff «Inklusion» im Sinne der gleichberechtigten Teilhabe aller Menschen an der Gesellschaft und an gesellschaftlichen Subsystemen, unabhängig von individuellen Eigenschaften und sozialen Bedingungen, verwendet.
  • Inklusives Bildungssystem: Ein inklusives Bildungssystem, zu welchem auch die frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung (FBBE) gehört, ist ein gesellschaftliches Subsystem, das Bildungsangebote bereitstellt, welche individuelle Ausgangslagen berücksichtigt und die gleichberechtigte Partizipation und soziale Teilhabe aller sichert (Begriffsklärung Inklusion, HfH, 2021).
  • Partizipation/Teilhabe: Nach Imms et al. (2016) wird Partizipation oder Teilhabe im Sinne der Dimensionen attendence und involvement definiert. Attendence und involvement erfassen die Aspekte «Dabei sein – teilnehmen» und «Einbezogen und aktiv sein» in einer Situation. Folglich ist bei einer gelingenden Inklusion die aktive Beteiligung in Spiel- und Gruppenprozessen sowie das Erleben positiver Interaktionen zentraler Ausdruck der sozialen Teilhabe von Kindern mit Behinderung, beispielsweise am Kita-Alltag. Beobachten lässt sich «Einbezogen und aktiv sein» anhand der Auseinandersetzung mit der physischen Umwelt, dem Material oder den Personen in Gruppenprozessen. In diesen Situationen manifestieren sich auch soziale Kontakte und Interaktionen.
  • Inklusive Pädagogik: Die inklusive Pädagogik als pädagogischer Ansatz verfolgt die Maxime, dass Vielfalt in Bezug auf Geschlecht, Herkunft, Sprache, Religion und individuelle Fähigkeiten anerkannt und wertgeschätzt wird. Behinderung wird demnach als eine weitere Heterogenitätsdimension betrachtet. Dabei bezieht sich die inklusive Pädagogik auf die Gestaltung der Lern- und Entwicklungsumgebung, auf das Spiel und die Interaktion der Kindergruppe, auf die Zusammenarbeit mit den Eltern und die intra- und interdisziplinäre Kooperation. Damit sollen Partizipation und Teilhabe und das selbstbestimmte und aktive Lernen aller Kinder ermöglicht werden (Jegodtka, 2015).

Inklusion von klein auf? Bestrebungen zur und die Begründung für eine Inklusion von klein auf lassen sich nach Haug (2011) anhand dreier Sichtweisen deutlich machen. Die weltanschauliche Sicht betont die Teilnahme eines Kindes an institutionellen Betreuungsangeboten wie zum Beispiel der Kita, unabhängig seiner sozialen Herkunft oder seiner Fähigkeiten, als Voraussetzung für Gleichheit und Gerechtigkeit aller Menschen. Aus empirischer Sicht ist es weitestgehend belegt, dass eine frühe Inklusion Benachteiligungen und Diskriminierungen aufgrund individueller Merkmale oder Zuschreibungen verringert und anstelle dessen eine Ausrichtung auf die Ressourcen eines jeden Kindes gelingt (Wiedebusch & Albers, 2016). Die internationalen Entwicklungen in den letzten Jahrzehnten hin zu einem Bildungssystem, welches durch Inklusion den segregierenden Charakter von Erziehung und Schule zu überwinden versucht, begründen die dritte Dimension, die historische Sicht.

Projekte zur frühen Inklusion in der Deutschschweiz

Im Folgenden werden einige Projekte vorgestellt, welche in den letzten Jahren entstanden und massgeblich für die Entwicklung der frühen Inklusion von Kindern mit Behinderung stehen. Die Aufzählung ist nicht vollständig, da stetig neue Projekte entwickelt und umgesetzt werden.

In den letzten Jahren wurden Projekte entwickelt, die massgeblich für die frühe Inklusion von Kindern mit Behinderung stehen.

Gelingensbedingungen für die frühe Inklusion. Die Frage, welche Bedingungen und Aspekte das Gelingen einer frühen Inklusion unterstützen, ist für deren Umsetzung äusserst wichtig. Orientierung bietet dabei das ökologische Mehrebenenmodell von Heimlich (2016).

Mehrebenenmodell von Heimlich (2016)

Die Grafik zeigt fünf Kreise. Der innerste Kreis steht für das Kind mit individuellen Bedürfnissen, der zweitinnerste Kreis ist beschriftet mit inklusive Spiel und Lernsituationen. Die weiteren Kreise sind beschriftet mit multiprofessionelles Team, inklusive Kindertageseinrichtung und der ässerste Kreis mit externe Unterstützungssysteme.
Ökologisches Mehrebenenmodell der Entwicklung inklusiver Kindertageseinrichtungen (Heimlich, 2016, S. 35)

Im Zentrum steht das Kind mit seinen individuellen Bedürfnissen, umgeben von einem Setting, welches adäquate Spiel- und Lernsituationen im Rahmen einer Kindertageseinrichtung mit Unterstützung des internen und externen Teams von Fachpersonen verschiedener Berufsgruppen ermöglicht. Basierend auf diesem Modell ergeben sich folgende Gelingensbedingungen für die frühe Inklusion: inklusive Konzeptionen erstellen, regionale Netzwerke bilden, Teamarbeit entwickeln, mit Heterogenität umgehen lernen und inklusive Gruppenarbeit gestalten (inklusive Pädagogik).

Gelingensbedingungen im Detail

  • Inklusive Konzeption erstellen: Empirie und Praxis weisen auf die Wichtigkeit eines pädagogischen Konzeptes hin, welches als Grundlage für Qualitätsentwicklungsprozesse dient. Für die Mitarbeitenden ist das Konzept ein Garant, dass die Trägerschaft entsprechend unterstützend handelt und Rückhalt bei Herausforderungen und möglichen Schwierigkeiten bietet. Die inklusive Konzeption ist sowohl für die Mitarbeitenden wie auch für die Eltern eine Orientierungshilfe in Bezug auf die pädagogische Arbeit und der Hinweis, dass die Kita eine grundsätzlich inklusive Haltung verfolgt und es für die Einrichtung selbstverständlich ist, dass alle Kinder – mit oder ohne Behinderung – in der Kita willkommen geheissen werden.
  • Regionale Netzwerke bilden: Das Bilden von Netzwerken, zu welchen die Kitas, die Trägerschaften, die Behörden, die externen Fachpersonen und die Eltern gehören, ist ein weiterer Gelingensfaktor. Es gilt darauf zu achten, dass Kitas keine sonderpädagogischen Institutionen sind, jedoch inklusive Institutionen werden können. Dies gelingt, wenn sie Teil eines Netzwerks sind, welches die Inklusion von Kindern mit Behinderung als gemeinsame Aufgabe sehen. Externe Fachpersonen aus dem heilpädagogisch-therapeutischen (Heilpädagogische Früherziehung und Logopädie), medizinisch-therapeutischen (Physio- oder Ergotherapie) oder medizinischen Bereich (Pflegefachpersonen) werden als wichtige Kooperationspartner für die inklusiven Bestrebungen angesehen.
  • Teamarbeit entwickeln: Das Team, welches für die Umsetzung der Inklusion verantwortlich ist, wird mit Blick auf den wissenschaftlichen Diskurs als entscheidende Instanz für das Gelingen einer Inklusion angesehen. Zum Team gehören alle Fachpersonen aus der Kita (Praktikant:innen, Lernende, Ausgelernte und Führungspersonen wie die Kitaleitung) und das erweiterte Team an internen (interne Heilpädagogin) und externen Fachpersonen, welche sich für die gelingende Umsetzung der Inklusion einsetzen.
  • Mit Heterogenität umgehen lernen: Die Fachpersonen der Kita sind es gewöhnt mit Heterogenität umzugehen und ihre beruflichen Aufgaben auf die Verschiedenheiten der Kinder anzupassen. Die Kita ist dabei im Besonderen in Bezug auf das Alter, das Geschlecht oder auch in Bezug auf die Herkunft der Kinder mit einer grossen Vielfalt konfrontiert, mit welcher sie gut umgehen kann. Im Kontext der Inklusion von Kindern mit Behinderung werden weitere Heterogenitätsdimensionen sichtbar, welche sich aus der Beeinträchtigung des Kindes ergeben.
  • Inklusive Gruppenarbeit gestalten (inklusive Pädagogik): Die Wichtigkeit des gemeinsamen Spiels von Kindern mit und ohne Behinderung für die Inklusion ist unbestritten. Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass Kinder mit Behinderung öfters eine passive Spiel- und Interaktionsbeteiligung und vermehrt ein wechselhaftes Spielverhalten zeigen. Diese Ergebnisse sind ein wichtiger Hinweis, welchen es in der Gestaltung von Spiel- und Lernsituationen zu beachten gilt, damit diese eine inklusive Wirkung erlangen. Dazu benötigen die Fachpersonen Wissen, welches sich einerseits in der konkreten praktischen inklusiven Arbeit entwickelt, andererseits aber auch gezielt angeeignet werden muss. Die praktische Arbeit mit Kindern mit Behinderung ist dabei von grosser Wichtigkeit, da sie den stärksten Prädiktor für die Einstellung zur Inklusion und die Selbstwirksamkeit darstellt.

Die Forderung nach einer frühen Inklusion lässt sich aus internationalen und nationalen Rechtsgrundlagen ableiten.

Familienergänzende Betreuung in der Schweiz. In der Schweiz wird die Inklusion im Vorschulbereich bislang «nur vereinzelt und unsystematisch realisiert« (Inclusion Handicap, 2017, S. 26). Der Bericht «Familienergänzende Betreuung für Kinder mit Behinderungen» von Procap (PDF) Schweiz liefert einen systematischen Überblick über Angebot und Nachfrage von Betreuungsangeboten für Kinder mit Behinderung und kommt zum Schluss, dass «die Mehrheit der Befragten die Angebotslage in ihrer Region als ungenügend einschätzt und dass der Bedarf an Betreuungsangeboten für Kinder mit Behinderungen aktuell nicht schweizweit gedeckt ist» (S. 22). Dabei gilt es zu beachten, dass die familienergänzende Betreuung von Kindern in der Schweiz bis zum Kindergarten freiwillig ist und mehrheitlich von den Eltern finanziert wird.

Rechtliche Grundlagen der frühen Inklusion in der Schweiz

Im folgenden Abschnitt soll aufgezeigt werden, dass die Forderung nach einer frühen Inklusion von Kindern mit Behinderung in der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung durchaus vor dem Hintergrund einer Rechtsgrundlage benannt werden kann, welche sowohl auf internationalem wie auch nationalem Recht beruht (auch wenn keine verbindliche gesetzliche Grundlage zur Einforderung von Inklusion besteht).

Eine umfassende Übersicht über die rechtlichen Grundlagen und Zuständigkeiten, sowie die Tätigkeiten der Ebenen Bund, Kantone und Gemeinden in der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung findet sich im Bericht des Bundesrates zur Politik der frühen Kindheit aus dem Jahr 2021. Der Bericht erklärt die «verstärkte Förderung der Chancengerechtigkeit für Kinder im Vorschulalter mit Behinderungen» explizit als Entwicklungsziel auf Bundesebene.

Internationales Recht. Die Schweiz hat die UNO-Konventionen zu Kinderrechten (UN-KRK, ratifzifiert im Jahre 1997) und zu Behindertenrechten (UN-BRK, ratifziert im Jahre 2014) unterzeichnet und sich so verpflichtet, die internationalen Standards umzusetzen und den Ausschüssen für Kinderrechte und die Rechte von Menschen mit Behinderungen regelmässig Bericht zu erstatten. Zentrale Artikel für die Inklusion von Kindern mit Behinderung im Vorschulalter der beiden Konventionen sind nachfolgend aufgeführt.

  • Kinderrechtskonvention (UN-KRK)
    • Artikel 23: Förderung behinderter Kinder: Kindern mit Behinderung haben ein Recht auf Selbständigkeit und aktiver Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft, sowie auf Zugang zu Bildung und Erziehung mit dem Ziel der möglichst vollständigen sozialen Integration und individuellen Entfaltung des Kindes.
    • Artikel 28: Recht auf Bildung: Vertragsstaaten müssen die Verwirklichung der Chancengleichheit der Kinder bezüglich ihres Rechts auf Bildung fördern.
  • Behindertenrechtskonvention (UN-BRK)
    • Artikel 7: Kinder mit Behinderungen: Kinder mit Behinderungen haben das Recht, gleichberechtigt mit anderen Kindern alle Menschenrechte und Grundfreiheiten genießen können
    • Artikel 24: Bildung: Um das Recht auf Bildung ohne Diskriminierung und auf der Grundlage der Chancengleichheit zu verwirklichen, gewährleisten die Vertragsstaaten ein integratives Bildungssystem auf allen Ebenen und lebenslanges Lernen.

Nationales Recht. Die nationale Rechtsgrundlage für eine frühe Inklusion und damit einer Teilhabe ab Geburt lässt sich mit Betrachtung der Bundesverfassung und der Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) begründen, welches seit 2004 in Kraft ist.

  • Bundesverfassung (BV):
    • Artikel 8: Rechtsgleichheit: Niemand darf wegen der Herkunft, der Rasse, des Geschlechts, des Alters, der Sprache, der sozialen Stellung, der Lebensform, der religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung oder wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung benachteiligt werden. Das Gesetz sieht Massnahmen zur Beseitigung von Benachteiligungen der Behinderten vor.
    • Artikel 41: Sozialziele: Kinder haben das Recht, sich nach ihren Fähigkeiten bilden zu können und auf soziale, kulturelle und politische Integration und werden in ihrer Entwicklung zu selbständigen und sozial verantwortlichen Personen gefördert.
  • Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG)
    • Artikel 1: Ziel: Benachteiligungen zu verhindern, zu verringern oder zu beseitigen, denen Menschen mit Behinderungen ausgesetzt sind.
    • Absatz 2 Artikel 1: legt Rahmenbedingungen fest, welche es Menschen mit Behinderung ermöglichen, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, soziale Kontakte selbständig zu pflegen und sich aus- und fortzubilden.

Die HfH forscht zu früher Inklusion.

Forschung an der HfH. Die HfH beschäftigt sich seit einigen Jahren mit dem Thema der frühen Inklusion. Auf der Ebene der Forschung entstanden aus diesem Interesse Forschungsprojekte, welche abgeschlossen oder in Bearbeitung sind.

Teilhabe in der Kindertagesstätte (TiKi): Gelingensbedingungen und institutionelle Voraussetzungen

Der gleichberechtigte Zugang von Kindern mit Behinderung zu frühkindlichen Bildungs-, Betreuungs- und Erziehungsangeboten wie Spielgruppen oder Kindertagesstätten geht einher mit Herausforderungen, die sich auf verschiedenen Ebenen der Planung und Umsetzung zeigen. Im Forschungsprojekt wurde das Gelingen der frühen Inklusion exemplarisch mit dem Ziel untersucht, die verschiedenen systemischen Ebenen, welche in der Inklusion wirksam sind, zu betrachten und mögliche Zusammenhänge zu erfassen. Es wurden folgende Fragestellungen untersucht:

  • Wie gestalten sich Beteiligung und Interaktion und damit die soziale Teilhabe von Kindern mit Behinderung?
  • Welche Einstellungen zur Inklusion haben die Fachpersonen der Kita und welche Selbstwirksamkeitsüberzeugungen haben sie?
  • In welchen Bedingungszusammenhängen gelingt die Inklusion von Kindern mit Behinderung aus Sicht der Fachpersonen und der Eltern?

In der Studie TiKi wurde ein Mixed Method Design genutzt. In einem ersten Schritt wurde die soziale Teilhabe und Partizipation von Kindern mit Behinderung in der Kindertagesstätte exemplarisch untersucht. In Videoaufnahmen wurde das Verhalten von 10 Kindern mit und 11 Kindern ohne Behinderung während des Freispiels beobachtet und die soziale Teilhabe und Partizipation anhand von zwei Aspekten analysiert: Beteiligung in Spiel- und Gruppenprozessen und Interaktion.

Im Wissen um die Wichtigkeit der Fachpersonen der Kindertagesstätten bei der Umsetzung der Inklusion wurden 119 Mitarbeitende der Stiftung GFZ in einem zweiten Schritt zu ihren Einstellungen und ihrer Selbstwirksamkeit schriftlich befragt. Die daraus gewonnenen Ergebnisse wurden in problemzentrierten Interviews mit sechs Fachpersonen der Kindertagestätten vertieft und fördernde und hemmende Gelingensfaktoren diskutiert. Abschliessend wurde die Sicht von vier Eltern von Kindern mit Behinderung auf die inklusive Betreuung ebenfalls im Rahmen von Einzelinterviews erfragt.

Die Ergebnisse der Beobachtung der Kinder weisen auf eine hohe soziale Teilhabe der Kinder mit Behinderung hin. Unterschiede zeigten sich in einer häufigeren passiven Teilhabe sowohl hinsichtlich der Beteiligung am Spiel als auch der Interaktionen, sowie häufigeren Übergängen zwischen Aktivitäten.

Die Ergebnisse der Fragebogenerhebung zu den inklusiven Überzeugungen zeigten eine hohe Zustimmung der Fachpersonen zur inklusiven Bildung in der frühen Kindheit, wobei die Selbstwirksamkeit am niedrigsten erlebt wurde. Positive inklusive Überzeugungen standen insbesondere mit der aktuell erlebten inklusiven Betreuung in Zusammenhang. Ein hoher Förder- und Unterstützungsbedarf der Kinder ging einher mit einer niedrigen Selbstwirksamkeit.

Das Forschungsprojekt konnte in enger Kooperation mit der Stiftung GFZ Zürich und dem Kinderhaus Imago (visoparents schweiz) umgesetzt werden.

Teilhabe in der Kindertagesstätte: Inklusion aus Sicht der Fachpersonen Kinderbetreuung

Als besonders bedeutsam für die Umsetzung der Inklusion erweist sich die Sichtweise der Fachpersonen Betreuung: Eine positive Sicht auf die Inklusion bildet die Basis für die Bereitschaft, Kinder mit Behinderung zu betreuen, sowie einfühlsam und zuneigungsvoll zu begegnen. Diesem Fachpersonenkreis wurde in den bisherigen Inklusionsbestrebungen in der Schweiz noch wenig Beachtung geschenkt. Basierend auf diesen Befunden werden im Projekt folgende Fragestellungen untersucht:

  • Mit welchen Ansichten zur inklusiven frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung steigen Fachpersonen Betreuung am Ende ihrer Berufsausbildung in das Berufsleben ein?
  • Wie prägen Erfahrung und Wissen ihre Ansichten zur Inklusion?
  • Welche Kompetenzen befähigen Fachpersonen zur inklusiven Arbeit?
  • Welche Kompetenzbedürfnisse haben Fachpersonen Betreuung zur Umsetzung der Inklusion?

Zur Beantwortung der Fragestellungen wird eine quantitative Onlinebefragung durchgeführt. Teilnehmende der Befragung sind Lernende der Berufsfachschule Winterthur (BFS), welche kurz vor ihrem Lehrabschluss zur Fachperson Betreuung EFZ Schwerpunkt Kinder stehen. Unterstützt und begleitet wird das Projekt von einem Fachgremium, bestehend aus Vertreter:innen der Frühen Bildung und der Heilpädagogik, berufspolitischer Institutionen und Fachpersonen aus verschiedenen Berufsgruppen, welche die inklusive Vorschulpädagogik mitprägen.

Literaturhinweise

Literaturverzeichnis

  • Haug, P. (2011). Inklusion als Herausforderung der Politik im internationalen Kontext. In M. Kreuzer & B. Ytterhus (Hrsg.), «Dabeisein ist nicht alles» – Inklusion und Zusammenleben im Kindergarten (2. Aufl., S. 36–51). München: Ernst Reinhardt Verlag.
  • Heimlich, U. (2016). Inklusion und Qualität. Auf dem Weg zur inklusiven Kindertageseinrichtung. Frühförderung interdisziplinär, 35(1), 28–39.
  • Imms, Ch., Granlund, M., Wilson, P.H., Steenbergen, B., Rosenbaum, P.L. & Gordon, A.M. (2016). Participation, both a means and an end: a conceptual analysis of processes and outcomes in childhood disability. Developmental Medicine & Child Neurology, 59, 16-25.
  • Inclusion Handicap. (2017). Schattenbericht. Bericht der Zivilgesellschaft anlässlich des ersten Staatenberichtsverfahrens vor dem UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Bern: Inclusion Handicap.
  • Jegodtka, A. (2015). Inklusion als pädagogische Perspektive. In I. Dittrich & E. Botzum (Hrsg.), Lexikon Kita-Management (S. 310-311). Köln: Wolters Kluwer.
  • Lütolf, M. & Schaub, S. (2017). Integration von Kindern mit Behinderung in der Frühen Bildung. Juristische und empirische Ausgangslage, Aufgaben und Anforderungen. Schweizerische Zeitschrift für Heilpädagogik, 23(9), 6–13.
  • Procap. (2021). Familienergänzende Betreuung für Kinder mit Behinderungen. Olten: Procap Schweiz.
  • Schweizerische Eidgenossenschaft. (2021). Politik der frühen Kindheit Auslegeordnung und Entwicklungsmöglichkeiten auf Bundesebene. Bericht des Bundesrates. Bern: BSV.
  • Wiedebusch, S., & Albers, T. (2016). Integration/Inklusion in Kitas. Frühe Bildung, 5(4), 185–186.

Übersichtsliteratur

  • Groschwald, A. & Rosenkötter, H. (2021). Inklusion in Krippe und Kita. Ein Leitfaden für die Praxis. Freiburg i.B.: Herder. (ISBN: 978-3-451-38946-7)
  • Heimlich, U. & Uefing. C. (2021). Leitfaden für inklusive Kindertageseinrichtungen. Kita Fachtexte, Nr. 5. 
  • König, A. & Heimlich, U. (Hrsg.) (2020). Inklusion in Kindertageseinrichtungen. Eine Frühpädagogik der Vielfalt. Stuttgart: Kohlhammer. (ISBN: 978-3-17-034713-7)
  • Sarimski, K. (2021). Kinder mit Behinderungen in inklusiven Kindertagesstätten (2. überarbeitete Auflage). Stuttgart: Kohlhammer. (ISBN: 978-3-17-039826-9)
  • Wirts, C., Wertfein, M., Wengert, C. & Frank, C. (2017). Lust und Mut zur Inklusion in Kindertageseinrichtungen. Handreichung zur Öffnung von Kindertageseinrichtungen für Kinder mit Behinderung. München: Staatsinstitut für Frühpädagogik.

Forschungsprojekt «Teilhabe in der Kindertagesstätte (TiKi)»

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