Berufliche und soziale Integration von sehgeschädigten jungen Erwachsenen

Kategorie Projekt

Ausgangslage und Ziele

Sonderinstitutionen für blinde und sehbehinderte Schülerinnen und Schüler sehen sich aktuell vor besondere Herausforderungen gestellt. Sie begleiten deren schulische Integration beratend und unterstützend, sind somit aktiv beteiligt an der Weiterentwicklung und Gestaltung der Regelschule im Umgang mit Heterogenität. Gleichzeitig bieten sie weiterhin auf die besonderen Bedürfnisse sehgeschädigter Kinder und Jugendlicher zugeschnittene separative Schulungsformen an. Aktuell zeichnet sich zudem ab, dass die spätere berufliche Eingliederung sehgeschädigter Menschen schwieriger wird.

Bildungsangebote müssen demzufolge so gestaltet sein, dass

  •     die Vermittlung sehbehinderten- und blindenspezifischer Kompetenzen und
  •     der Erwerb sozialer Kompetenzen

gemäss individuellem Bedarf und unabhängig von der gewählten Schulungsform garantiert sind.

Gleichzeitig kommen der Ausgestaltung des Übergangs von der obligatorischen Schule in die Sekundarstufe II, der Beratung und Unterstützung sehgeschädigter junger Menschen innerhalb derselben und allenfalls auch einem weiterführenden Coaching bis ins Erwerbsleben eine herausragende Bedeutung zu.

Projektleitung

Ursula Hofer Titel Prof. em. Dr.

Funktion

Emeritiert/Pensioniert

Fakten

  • Dauer
    08.2006
    07.2008
  • Neue Projektnummer
    3_6

Projektteam

  • Martin Venetz

Fragestellung

Im vorliegenden Projekt standen deshalb die folgenden Fragen im Zentrum:

  • Welche Bildungsangebote scheinen wichtig für spätere berufliche, soziale und gesellschaftliche Partizipation sehgeschädigter Menschen?
  • Können die für gelingende Integration notwendigen Kompetenzen unabhängig von durchlaufener Schulungsform umfassend und ausreichend erworben werden?
  • Welche Beratungs- und Unterstützungsangebote während Berufsfindung und Ausbildung scheinen die berufliche, soziale und gesellschaftliche Partizipation sehgeschädigter Menschen positiv zu beeinflussen?

Methodisches Vorgehen

Im Fokus der Forschung stand durchgehend und ausschliesslich die Sichtweise der Selbstbetroffenen. In einer zweiphasigen Erhebung wurden in den Sonderinstitutionen der Deutschschweiz geschulte oder durch diese in der integrativen Schulung begleitete sehgeschädigte Erwachsene der Jahrgänge 1978-1983 befragt. Mittels einer standardisierten telefonischen Befragung wurden in der ersten Erhebung Einschätzungen zu erhaltenen speziellen Bildungs-, Beratungs- und Unterstützungsangeboten in der Sekundarstufe I und II und zur aktuellen Arbeits- und Lebenssituation erfasst. 62 Personen (nach Hochrechnungen gut 40% der ausgewählten Population) nahmen daran teil. Die erhaltenen Daten wurden quantitativ ausgewertet. Im breit angelegten problemzentrierten Interview der zweiten Erhebung erfolgte eine Differenzierung der vorhandenen Ergebnisse durch 24 der Befragten aus der ersten Erhebung.

Ergebnisse

Folgender Entwicklungsbedarf lässt sich ableiten

Bildungsangebote

  • Schulungsformen unterscheiden sich in ihren Profilen: Ressourcen und Entwicklungsbedarf ergänzen sich in wesentlichen Punkten
  • Integrative Schulung: Ausbaubedarf im behinderungsspezifischen Angebot (erweitertes Curriculum)
  • Konzepte der Berufseinführung in Sonderschulen: Erwünschter Ausbau bestehender positiver Ansätze
  • IV-Berufsberatung: Quantitatives und qualitatives Angebot entsprechen weitgehend nicht mit den Bedürfnissen der Selbstbetroffenen    

Unterstützungsangebote

  • Zusammenarbeit und Austausch aller beteiligten Fachpersonen: Mehrheitlich vorhanden; Institutionalisierung ist erforderlich
  • Kontinuität und Begleitung in Übergängen /auch Einstieg in Erwerbstätigkeit: Wunsch besteht, Notwendigkeit wird belegt
  • Flexibler technologischer Support: Mehrheitlich vorhanden; unabdingbare Voraussetzung in Ausbildung und Erwerbsleben

Kompetenzen und Strategien

  • Soziale und personale Kompetenzen als zentrale Voraussetzung gesellschaftlicher Teilhabe: Förderangebote sind zu gewährleisten
  • Angemessene Coping-Strategien: Erforderlich im Umgang mit behinderungsbedingten Erschwernissen in allen Lebensbereichen
  • Behinderungsspezifische Kompetenzen und Strategien als Voraussetzung selbstbestimmter und selbständiger Lebensführung: Erwerb muss unabhängig von Schulungsform gewährleistet sein

Berufliche und soziale Integration

  • Berufliche Integration ist im Vergleich zu anderen Forschungsergebnissen relativ gut erreicht: Sehr grosser persönlicher Einsatz stellt notwendige Voraussetzung dar
  • Arbeit: Zentraler sinn- und strukturgebender Faktor
  • Soziale Integration: Wünsche nach Ausbau und Stabilität bestehen
  • Teilhabe an Freizeitaktivitäten: Beschränkungen behinderungs- und kontextbedingt
  • Barrierefreiheit des öffentlichen Raumes (Verkehr, Dienstleistungsangebote, Konsum): Ausbaubedarf besteht

Publikationen

  • Hofer, U., & Venetz, M.
    (2007).
    Förderung und Unterstützung sehbehinderter und blinder Kinder und Jugendlicher: Welche Noten erhalten ihre Sonderschulen.
    blind-sehbehindert ,
    2,
    95–104.
  • Hofer, U., & Venetz, M.
    (2007).
    Förderung und Unterstützung sehbehinderter und blinder Kinder und Jugendlicher.
    Schweizerische Zeitschrift für Heilpädagogik,
    9,
    33–41.
  • Hofer, U., & Wohlgensinger, C.
    (2008).
    Übergangen werden beim Übergang - Lässt sich dieses Risiko für Jugendliche mit einer Sehbehinderung schmälern?
    In K. Häfeli (Hrsg.),
    Berufliche Integration für Menschen mit Beeinträchtigungen - Luxus oder Notwendigkeit?
    (S. 51–67).
    Edition SZH.