Die Anforderungen in der Logopädie sind komplexer geworden

Reportage

HPS Zürich, 1973: Dann hat alles begonnen mit der Logopädieausbildung. Heute bietet die HfH einen Masterstudiengang an. Im Jubiläumstalk vom 6. September 2023 blickten Regina Jenni, Britta Massie und Erika Hunziker auf Entwicklungen zurück und diskutierten zukünftige Herausforderungen.

Kontakt

Erika Hunziker Titel Dr. phil.

Funktion

Senior Lecturer / Leiterin Master Logopädie

Britta Massie Titel Prof., Dr. rer. biol. hum.

Funktion

Professorin für Sprachförderung und Sprachdidaktik in heterogenen Lerngruppen (in Stellenteilung)

Damals und heute. Gerade mal elf Studierende waren es, die im Jahr 1973 die einjährige Spezialausbildung Logopädie absolvierten. «Es war am Heilpädagogischen Seminar, wir sassen dort aufgereiht in einem schlauchartigen Raum», erinnert sich Regina Jenni an diese Zeit. Sie war damals junge Lehrerin und besuchte Vorlesungen wie zum Beispiel «Artikulationsstörungen und ihre Behandlungen». Die Konzeption von damals sah vor, dass die Studierenden sich nach einem heilpädagogischen Grundstudium in verschiedenen Themengebieten spezialisierten – so etwa in der Logopädie. Heute schliessen an der HfH jedes Jahr dreissig bis vierzig Studierende das Bachelorstudium ab und können dieses neuerdings mit einem Master ergänzen.

Nicht nur für die Schule. In den siebziger Jahren war die Ausbildung vor allem auf die Tätigkeit als Logopädin an einer Schule ausgerichtet. «Doch schon bald wurde klar, dass die fachlichen Herausforderungen im Berufsfeld sehr viel breiter waren», erzählt Regina Jenni. «Das zog einen Ausbau und eine Vertiefung der Ausbildung nach sich.» Das nachfolgende Video enthält Ausschnitte aus der Diskussion, welche Regina Jenni, Britta Massie und Erika Hunziker über diese Veränderungen im Berufsfeld führten. Moderiert wurde das Gespräch von Dominik Gyseler und Steff Aellig von der HfH-Wissenschaftskommunikation.

Ausschnitte aus dem Talk «50 Jahre Studiengang Logopädie» (Dauer: rund 7 Minuten).

Ganze Lebensspanne. Britta Massie, Logopädin und HfH-Dozentin, zählt verschiedene Tätigkeitsbereiche auf, in welchen heute logopädisches Fachwissen erforderlich ist: «Vor allem der klinische Bereich hat sich stark entwickelt, also beispielsweise die Arbeit mit erwachsenen Patienten, welche nach einem Schlaganfall wieder sprechen lernen müssen.» Oder Kinder im Autismus-Spektrum, welche keine Lautsprache haben und auf Unterstützte Kommunikation angewiesen sind. «Nicht nur die Themen wurden breiter», resümiert Erika Hunziker, HfH-Dozentin und Studiengangleiterin, «auch das Altersspektrum unserer Zielgruppe mit logopädischem Bedarf. Im Prinzip richten wir uns heute an Menschen von der Geburt bis ins hohe Alter.» Eine innovative Entwicklung. Damit die logopädischen Fachpersonen für diesen breiten Einsatz in der Berufspraxis gerüstet sind, braucht es eine fundierte Ausbildung. Neben dem theoretischen Studium war der Praxisbezug von Anfang an zentraler Bestandteil der Ausbildung. «Aber die Suche nach geeigneten Praktikumsplätzen war schon immer das Nadelöhr», berichtet Regina Jenni, die jahrelang als HfH-Dozentin und Praktikumsbegleiterin arbeitete. «Und mit der thematischen Ausweitung wurde dieses Problem verschärft.» Doch die Hochschule hat innovativ reagiert und die sogenannte «Therapie-Lehr-Praxis» –  kurz TLP –  aufgebaut. Britta Massie erklärt: «In einer Art ‹Therapielabor› an der HfH führen Studierende selbst Therapien durch, lassen sich dabei filmen und besprechen ihre Aktivität mit der ganzen Studiengruppe.»

Spezialisierung im Masterstudium. Die Deutschschweizer Logopädinnen und Logopäden sind gut vernetzt in ihrem Berufsverband DLV und bringen wichtige Impulse aus der Praxis in die Ausbildung. So etwa die Forderung, dass das Studium nicht mit einem Bachelor zu Ende sein darf. Wiederum nimmt die Hochschule diese Anregungen ernst und bietet seit neustem einen Masterabschluss an, der auf dem Bachelor aufbaut. Erika Hunziker leitet den Master Logopädie und sagt dazu: «Ein Ziel ist, dass sich Logopädinnen und Logopäden weiter spezialisieren und beispielsweise eigene Forschung betreiben können.» Das wiederum wird das gesamte Fachgebiet weiterbringen, ist Britta Massie überzeugt. Auch Regina Jenni steht voll hinter dieser Entwicklung, doch warnt sie davor, das Studium immer weiter zu verlängern, bevor man in die Berufspraxis einsteigt. «Die Ausbildung sollte übersichtlich bleiben und aus Elementen bestehen, die man ein Berufsleben lang aufeinander aufbauen kann», fordert die Praktikerin mit jahrelanger Erfahrung. «Es hat viele engagierte Leute, die in ihrer Tätigkeit viel mehr aus dem machen, was man ihnen im Studium vermittelt», so Jenni.

Autoren: Steff Aellig, Dr., und Dominik Gyseler, Dr., HfH-Wissenschaftskommunikation, September 2023