Die Bedeutung der Kognition beim Gebärdensprachdolmetschen

Kategorie Projekt

Ausgangslage und Ziele

Simultanes Dolmetschen, ob zwischen zwei Lautsprachen, zwischen zwei Gebärdensprachen oder zwischen einer Gebärdensprache und einer Lautsprache, ist kognitiv höchst herausfordernd. Beim simultanen Dolmetschen laufen verschiedene komplexe Prozesse der Sprachproduktion und -rezeption gleichzeitig und überschneidend ab. Unbekannt ist jedoch, welches die wichtigsten Faktoren sind, die mit dem Dolmetschprozess in Zusammenhang stehen.

Ziel dieser Studie ist es, verschiedene Instrumente zu entwickeln, welche die Einflussfaktoren Gebärdensprachkompetenz, Arbeitsgedächtniskapazität, Aufgabenwechsel und visuell-räumliche Fähigkeiten auf die Dolmetschkompetenz identifizieren. Weiter werden im Rahmen des Projekts Tests zur Überprüfung der Dolmetschkompetenz entwickelt.

Projektleitung

Tobias Haug Titel Prof. Dr.

Funktion

Professor für Gebärdensprache und Partizipation bei Hörbehinderung / Leiter Bachelor Gebärdensprachdolmetschen

Daniela Nussbaumer Titel Prof. Dr.

Funktion

Professorin für MINT-Lernen und -Lernentwicklung unter erschwerten Bedingungen

Fakten

  • Dauer
    01.2017
    01.2019
  • Neue Projektnummer
    4_35

Projektteam

  • Heidi Stocker
  • Sandra Sidler-Miserez
  • Dawei Ni
  • Isabelle Cicala
  • Irina Davatz
  • Stephanie Raschle
  • Martin Meyer

Fragestellung

Wir untersuchen, ob kognitive und sprachbezogene Faktoren Unterschiede in der Performanz beim Gebärdensprachdolmetschen erklären und ob Persönlichkeitsfaktoren zusätzlich einen Einfluss haben.

Folgende Fragestellungen sollen beantwortet werden:

  • In welchem Masse ist die Dolmetschkompetenz von der Gebärdensprachkompetenz abhängig?
  • Sind kognitive Faktoren, d.h. a) die Arbeitsgedächtnisleistung im Zusammenhang mit dem Erinnern und Manipulieren von Gebärden, b) das schnelle Wechseln zwischen der Aufnahme von Laut- und Gebärdensprache und c) das Gedächtnis für räumliche Positionen mit der Dolmetschkompetenz verknüpft?
  • Ist die Dolmetschkompetenz mit Aspekten der Persönlichkeit verknüpft?
  • Wie ist der relative Beitrag von kognitiven und sprachbezogenen Faktoren?

Methodisches Vorgehen

Zur Beantwortung der Fragestellungen werden folgende Instrumente entwickelt:

  • Messung der Dolmetschkompetenz: Bestehende Messinstrumente aus der Ausbildung werden für höhere Kompetenzstufen adaptiert.
  • Messung der Gebärdensprachkompetenz: Dazu wird ein strukturiertes Interview in DSGS entwickelt. Interviewer und Auswerter werden vorab entsprechend geschult.
  • Messung der Arbeitsgedächtniskapazität: Entwicklung von computergestützten Tests, die Gedächtnisaspekte während dem Dolmetschen simulieren («up-dating» -Aufgaben von gebärdeten und gesprochenen Inhalten, «task switching»-Aufgaben zwischen gesprochener und gebärdeter Sprache)
  • Überprüfung von Tests zur Messung von räumlichen Fähigkeiten und psychometrischen Tests zur Messung von Persönlichkeitsaspekten auf ihre Tauglichkeit in diesem Kontext.

Die Instrumente sollen in einer Pilotstudie an 6-8 ausgewählten Gebärdensprachdolmetschern und –dolmetscherinnen eingesetzt und gegebenenfalls angepasst werden.

Ergebnisse

Bis dato sind erst einige Faktoren bekannt, welche einen Einfluss auf die Dolmetschperformanz ausüben. Basierend auf der Literatur werden sprachbezogene und kognitive Faktoren einen Einfluss auf die Dolmetschperformanz haben. Es wird davon ausgegangen, dass Faktoren der Persönlichkeit die Performanz nur marginal beeinflussen. Die während dieser Studie entwickelten Instrumente können in künftigen Studien sowie in der Lehre eingesetzt werden.

Publikationen

  • Haug, T., Nussbaumer, D., & Stocker, H.
    (2019).
    Die Entwicklung von Instrumenten zur Überprüfung von kognitiven Fähigkeiten, gebärdensprachlicher Kompetenz und Dolmetschleistung von Gebärdensprachdolmetscherinnen.
    Das Zeichen,
    111,
    130–143.