Evidenzbasierte Entwicklung inklusiver Schulen (EIS)

Kategorie Projekt

Ausgangslage und Ziele

17 Expertinnen und Experten aus Belgien, Deutschland, Finnland, Österreich und der Schweiz gaben Einblick in ihre Arbeit zur Entwicklung inklusiver Schulen. Auf den Ebenen System, Organisation, Personal und Unterricht gaben sie Antworten auf folgende Fragen. 

  • Wie können die Ergebnisse internationaler Vergleichsstudien oder auch nationaler Testreihen für die Schulentwicklung genutzt werden? 
  • Welche Grundlagen brauchen Schulen, um evidenzbasierte Schulentwicklung umzusetzen?
  • Welche Daten werden an Schulen generiert und wie können sie genutzt werden, um inklusive Schulen zu entwickeln?
  • Wie können diese Entwicklungsprozesse initiiert, umgesetzt und überprüft werden?

Projektleitung

Monika Wicki Titel Prof. Dr. phil.

Funktion

Professorin für Special Needs Educational Governance

Minna Törmänen Titel Prof. Dr.

Funktion

Senior Researcher

Fakten

  • Dauer
    10.2023
    03.2024
  • Neue Projektnummer
    5_68

Projektteam

Finanzielle Unterstützung

Ausgangslage

Zur Umsetzung inklusiver Bildung sind Systementwicklung und Schulentwicklung als Organisationsentwicklung, Personalentwicklung und Unterrichtsentwicklung zentral (Rolff, 2016; Booth & Ainscow, 2017; Wirtz, 2020). Dies erfordert auch die Bereitschaft, sich mit Forschungsergebnissen auseinanderzusetzen und zu nutzen. Während Literatur für die daten- und evidenzbasierten Schulentwicklung heute gut zu finden ist (Thiel et al., 2019; Wiesner et al., 2017; Schratz et al., 2018), fehlt es noch an forschungsbasierten Ergebnissen für die Entwicklung inklusiver Schulen. Insbesondere Wissen über die Organisation und die Steuerung von sonderpädagogischen Angeboten sowie den Einsatz von Ressourcen zur Unterstützung von Lern- und Sozialisationsprozessen in der Schule ist rar (Tegge, 2020; Wicki & Antognini, 2022). 

Ergebnisse

An drei Tagen fanden öffentliche Vorträge und Gespräche über die bisherigen Forschungsarbeiten der Teilnehmenden statt. Gefolgt von Diskussionen über wahrgenommene Wissenslücken und methodische, praktische und ethische Fragen wurde letztlich der Fokus auf die Entwicklung eines Konzepts für ein Handbuch zur evidenzbasierten Entwicklung von inklusiven Schulen gelenkt.

Der wissenschaftliche Austausch hat einen detaillierten Einblick in die europäische Situation evidenzbasierter Entwicklung inklusiver Schulen geboten. Die Veranstaltung bot eine einzigartige Gelegenheit für Dozierende und Studierende, ihr Wissen auf den neuesten Stand zu bringen und mit internationalen Experten und Expertinnen sowie sich mit Forschenden anderer Schweizer Universitäten zu vernetzen. 

Fazit für die Praxis

Die Bedeutung einer evidenzbasierten Entwicklung inklusiver Schulen war während dieser drei Tage unübersehbar.  Obwohl in verschiedenen Aspekten der Schulentwicklung ein Mangel an Evidenz festgestellt wurde, konnten vielfältige Daten auf Makro-, Meso- und Mikroebene im gesamten Schulsystem dargestellt werden. 

Für die Entwicklung von inklusiven Systemen und Schulen durch die Regierung ist das Wissen über eine gute Governance der Inklusion wichtig. Eine schwache Zusammenarbeit und Koordination kann die Umsetzung der Inklusion behindern. Dies kann mit einem Akteur-Netzwerk-Mapping aufgedeckt werden (Merz-Atalik & Beck, 2023). Runde Tische auf allen Ebenen zur Entwicklung eines «Wir» erweisen sich als sinnvoll. Die Forschung zeigt auch, dass nicht nur die Kultur, sondern ebenso die Strukturen Hauptfaktoren in der Entwicklung inklusiver Schulen sind. Neue Normen müssen in Strukturen implementiert werden, um wirksam werden zu können (Dietze et al., 2020; Moser, 2020; Moser & Egger, 2017). Sowohl der Ordnungsrahmen sowie die Ressourcenallokation müssen auf Evidenz beruhen. Dazu braucht es international und intranational vergleichbare Indikatoren (Irniger, 2020; Wicki & Antognini, 2022). Mit einer klar definierten Bewertung der Schulqualität (z.B. dem QU!S-Fragebogen, Schurig et al., 2020) können Faktoren für eine inklusive Schulentwicklung identifiziert werden. 

Die partizipative Entwicklung eines inklusiven Unterrichts, sowie eine qualitativ hochwertige Unterrichtsunterstützung und Zusammenarbeit zwischen Lehrpersonen (Altmeyer, 2020), kurze und praktische Screening-Methoden, die sich auf das individuelle Lernen konzentrieren und die Lernergebnisse verbessern (Buchwald et al., 2022), wurden vorgestellt. 

Leadership (Paju et al., 2018) sowie eine reflexive Praxis der Lehrpersonen (Rabenstein et al., 2019) unterstützen inklusive Prozesse. 

Literatur

  • Altmeyer, S. (2020). Wirksame Förderteams in integrativen Regelklassen. Entwicklung von Schulkindern und kooperative Gestaltung des integrativen Unterrichts. Schweizerische Zeitschrift für Heilpädagogik, 26(4), 39–45.
  • Booth, T., & Ainscow, M. (2017). Index für Inklusion. Ein Leitfaden für Schulentwicklung. B. Achermann, D. Amirpur, M.-L. Braunsteiner, H. Demo, E. Plate, & A. Platte (Hrsg.). Beltz Juventa.
  • Buchwald, K., Anderson, S., Lutz, S., Mühling, A., Sommerhoff, D., & Gebhardt, M. (2022). Lernverlaufsdiagnostik in Mathematik. Basiskompetenzen mit der Plattform Levumi.de messen. Zeitschrift für Heilpädagogik, 73(4), 168–178.
  • Dietze, T., Gloystein, D., Moser, V., Piezunka, A., Röbenack, L., Schäfer, L., Wachtel, G., & Walm, M. (2020). Inklusion—Partizipation—Menschenrechte. Transformationen in die Teilhabegesellschaft? (1. Aufl.). Klinkhardt. http://www.ciando.com/ebook/bid-2796533
  • Irniger, C. (2020). Effektivität und Effizienz als Messgrössen des sonderpädagogischen Angebots am Beispiel des Kantons Zug [Masterarbeit]. Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik.
  • Merz-Atalik, K., & Beck, K. (2023). Partizipative Mehrebenen-Netzwerk-Analysen von Governancestrukturen und Akteurskonstellationen der inklusiven Bildungsreform. Vergleichende Betrachtungen zu Südtirol (Italien) und Baden-Württemberg (Deutschland). In R. Kruschel & K. Merz-Atalik (Hrsg.), Steuerung von Inklusion!? (S. 111-129). VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-658-40103-0_8.
  • Moser, V. (2020). «Was in der Gesellschaft möglich ist, wird in den Organisationen der Funktionssysteme entschieden». Diversität und Inklusion in Organisationen. Teilhabe, 59(3), 196–200.
  • Moser, V., & Egger, M. (2017). Inklusion und Schulentwicklung. Konzepte, Instrumente, Befunde (1. Aufl.). Verlag W. Kohlhammer.
  • Paju, B., Kajamaa, A., Pirttimaa, R., & Kontu, E. (2022). Collaboration for Inclusive Practices: Teaching Staff Perspectives from Finland. Scandinavian Journal of Educational Research, 66(3), 427–440.
  • Rolff, H.-G. (2016). Schulentwicklung kompakt. Modelle, Instrumente, Perspektiven. Beltz.
  • Rabenstein, K., Gnauck, I., & Schäffer, M. (2019). Zur Re-Stabilisierung von Grenzziehungen. Eine diskursanalytische Perspektive auf Schulentwicklung im Anspruch von Inklusion in der Sekundarstufe I. Zeitschrift für interpretative Schul- und Unterrichtsforschung, 8, 138–150.
  • Schratz, M., Wiesner, C., Kemethofer, D., George, A. C., Rauscher, E., Krenn, S., & Huber, S. G. (2016). Kapitel 6: Schulleitung im Wandel: Anforderungen an eine ergebnisorientierte Führungskultur. In M. Bruneforth, F. Eder, K. Krainer, C. Schreiner, A. Seel, & C. Spiel (Hrsg.), Nationaler Bildungsbericht Österreich 2015. 2. Fokussierte Analysen bildungspolitischer Schwerpunktthemen (S. 221-262). L 
    eykam. https://doi.org/10.17888/nbb2015-2-6
  • Schurig, M., Weiss, S., Kiel, E., Heimlich, U., & Gebhardt, M. (2020). Assessment of the quality of inclusive schools A short form of the quality scale of inclusive school development (QU! SS)–reliability, factorial structure and measurement. International Journal of Inclusive Education, 1–16. https://doi.org/10.1080/13603116.2020.1862405
  • Tegge, D. (2020). Inklusion als schulischer Transformationsprozess. Möglichkeiten und Grenzen der indikatorengestützten Darstellung des Gemeinsamen Lernens auf kommunaler und Einzelschulebene. [Dissertation, Universität Berlin]. Verlag Julius Klinkhardt. https://doi.org/10.25656/01:19219
  • Thiel, F., Tarkian, J., Lankes, E.-M., Maritzen, N., Riecke-Baulecke, T., & Kroupa, A. (2019). Datenbasierte Qualitätssicherung und -entwicklung in Schulen. Eine Bestandsaufnahme in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland. Springer VS.
  • Wiesner, C., Schreiner, C., Breit, S. & Kemethofer, D. (2017). Evidenzorientierte Schul- und Unterrichtsentwicklung. Salzburg: BIFIE. Abrufbar unter https://www.bifie.at/evidenzorientierte-schul-und-unterrichtsentwicklung.
  • Wicki, M. T., & Antognini, K. (2022). Effekte der regulatorischen Rahmenbedingungen auf die Förderquoten im Rahmen verstärkter sonderpädagogischer Massnahmen. Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete 91(4), 300-316. https://doi.org/10.2378/vhn2022.art36d