Leichte Sprache, Leichte Gebärdensprache und Unterstützte Kommunikation

Kategorie Institutsthema

Kommunikative Beeinträchtigungen können den Zugang zu Information und gesellschaftlicher Teilhabe erschweren. Unterschiedliche Zugänge können helfen, Partizipation zu ermöglichen.

Kontakt

Melanie Willke Titel Prof. Dr.

Funktion

Professorin für Bildung im Bereich körperlich-motorische Entwicklung und chronische Krankheiten

Rita Baumann Titel lic. phil.

Funktion

Senior Lecturer

Patricia Hermann-Shores Titel Ed.M, Prof.

Funktion

Senior Lecturer

Es gibt unterschiedliche Zugänge, die das Ziel haben, gesellschaftliche Teilhabe durch Kommunikation zu ermöglichen. Speziell die Bereiche

können helfen, Beeinträchtigungen auszugleichen und so Partizipation an Bildungsprozessen, an gesellschaftlichen Aktivitäten und am Berufsleben zu ermöglichen. Nachfolgend erhalten Sie zu den genannten Bereichen weiterführende Informationen.

Die Leichte Sprache ist ein Mittel der Inklusion.

Leichte Sprache. Mit Leichter Sprache wird das Ziel verfolgt, schriftliche Informationen und Texte für Menschen mit eingeschränkter Lesefähigkeit regelgeleitet verständlich zu übersetzen und visuell aufzuarbeiten, um dadurch gesellschaftliche Teilhabe und Partizipation zu ermöglichen. An der HfH beschäftigen sich Rita Baumann und Christina Arn, beide Dozentinnen am Institut für Behinderung und Partizipation, mit diesem Bereich. Der Internationale Tag der Leichten Sprache am 28. Mai erinnert jeweils daran, dass Leichte Sprache ein Instrument der Inklusion ist. Zur News

Adressat:innen

Die Adressat:innen können kurzfristig, längerfristig oder über die gesamte Lebensspanne auf Texte und Informationen in Leichter Sprache angewiesen sein. Ausgangslage für die Übersetzung bildet die jeweilige Adressantengruppe mit ihren Bedürfnissen, Voraussetzungen und Kompetenzen, sowie verschiedene Regelwerke.

Bei den Adressat:innen handelt es sich um eine sehr heterogene Gruppe:

  • Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung
  • Menschen mit Lernschwierigkeiten
  • Menschen mit Prälingualer Hörschädigung/Gehörlosigkeit
  • Menschen mit funktionalem Analphabetismus
  • Menschen mit Aphasie
  • Menschen mit Demenz
  • Menschen mit Deutsch als Zweitsprache (DaZ)

Leichte Sprache kann auch für die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund bedeutsam sein, um den Weg zum Erlernen der Fremdsprache zu erleichtern und um Informationen, zum Beispiel aus dem juristisch-administrativen Bereich, verständlich zu erklären und somit Barrieren beim Eintritt in die (neue) Gesellschaft zu minimieren.

Funktionen

Leichte Sprache hat drei Funktionen:

  • Partizipationsfunktion. Allgemein- und fachsprachliche Texte werden an das Lesevermögen und Vorwissen der Leserschaft angepasst und ermöglichen dadurch Teilhabe und Partizipation.
  • Lernfunktion. Texte in Leichter Sprache ermöglicht Zugang zu allgemein- oder fachsprachlichen Ausgangstexten. Dadurch können Wissen erweitert sowie Textpraxis eingeübt werden, und dadurch Lernmöglichkeiten angeboten werden.
  • Brückenfunktion. Texte in Leichter Sprache stehen neben allgemein- und fachsprachlichen Ausgangstexten. Dadurch wird der ausgangssprachliche Text mit Texten in Leichter Sprache ergänzt. Somit ist ein Wechsel zwischen den Texten möglich. Die Leser:innen entscheiden selbstbestimmt (vgl. Bredel, Maass, 2016, 10f.).

Kontinuum zwischen Leichter Sprache und Fachsprache

Kontinuum. «Leichte Sprache ist eine Varietät des Deutschen, die im Bereich Satzbau und Wortschatz systematisch reduziert ist. Ebenso systematisch ist die Reduktion mit Bezug auf das Weltwissen, das für die Lektüre vorausgesetzt wird. Ausserdem zeichnen sich Leichte-Sprache-Texte durch eine besondere Form der visuellen Aufbereitung aus» (Maass, 2015, S.11–12). Maass sieht ein Kontinuum zwischen:

  • Leichte Sprache (Easy-to-Read)
  • Einfache Sprache (Plain Language)
  • Allgemeinsprache
  • Fachsprache

Wie Texte in Leichter Sprache entstehen. Das Bedürfnis, Sprache verständlicher zu machen, entsteht in der Praxis und basiert auf intuitiven Erfahrungen in der mündlichen und schriftlichen Kommunikation. Aus diesen Erfahrungen entstanden Regelwerke für Leichte Sprache, welche inzwischen interdisziplinär erforscht wurden und deren Prinzipien und Regeln systematisch zur Verständlichkeitsoptimierung angewandt werden.

  • Prinzipien und Regeln bestehen auf Wort-, Satz- und Textebene sowie in Bezug auf das Layout. Leicht, aber nicht falsch. Die wissenschaftlich fundierten Regeln entsprechen der korrekten deutschen Orthografie und Grammatik (Bredel, Maass, 2016, 9). Fehlerfreie Texte ermöglichen das Erlernen von korrektem Deutsch, vermindern die Stigmatisierung der Nutzer:innen und leisten einen Beitrag zur Inklusion.
  • Oft werden die Texte in «Büros für Leichte Sprache» übersetzt und im Anschluss durch eine Prüfgruppe von Nutzenden überprüft. Geprüfte Texte sind zudem mit Gütesiegeln versehen (beispielsweise Inclusion Europe, Netzwerk capito, Forschungsstelle Universität Hildesheim).

Leichte Sprache ist kein deutschsprachiges Phänomen. Eine langjährige Tradition hat die Leichte Sprache in Skandinavien. Aus den Vereinigten Staaten und Kanada stammt die Einfache Sprache.

Handbuch. Im Austausch mit Kolleg:innen aus Europa entstand die Idee für das Handbook of Easy Languagues of Europe (2020). Das Handbuch bietet in 21 Kapiteln aus 21 Ländern eine Übersicht über den Entwicklungsstand der Leichten Sprache im jeweiligen Land. Eine Vernissage fand im November 2021 an der HfH statt. Zur News

Leichte Sprache an der HfH. Leichte Sprache fliesst an der HfH in die Ausbildung von Schulischen Heilpädagog:innen und Logopäd:innen ein. Im Rahmen des Studiums erhalten Studierende einen Einblick in das Konzept der Leichten Sprache und/oder setzen sich im Rahmen einer Bachelor- oder Masterarbeit vertieft mit dem Thema auseinander. Inklusive Bildung hängt nicht zuletzt mit vorhandenen sprachlich elementarisierten und kontextualisierten Lehrmitteln und Klassenlektüren zusammen.

Leichte Sprache wird in Zukunft für Heilpädagog:innen und Logopäd:innen an Bedeutung gewinnen. Im beruflichen Umfeld treffen sie auf unterschiedliche Zielgruppen, die auf Leichte Sprache angewiesen sind und diese im Rahmen ihres Rechtes auf Inklusion einfordern (UN-BRK).

Literaturhinweise

  • Arn, Ch., Baumann, R. Leichte Sprache – ein Konzept für barrierefreie Kommunikation. In: heilpädagogik aktuell: Bildungschancen. Sommer 2016, 11.
  • Arn, Ch. Baumann, R. (2019). Fachwissen in Leichter Sprache. Leichte Sprache in Aus- und Weiterbildung von Heilpädagoginnen und Heilpädagogen und Logopädinnen und Logopäden. Schweizerische Zeitschrift für Heilpädagogik, 25(2), 21–25.
  • Bredel, U., Maass, Ch. (2016). DUDEN. Leichte Sprache. Theoretische Grundlagen. Orientierug für die Praxis. Berlin: Dudenverlag.
  • Bredel, U.; Maass, Ch. (2016). Ratgeber Leichte Sprache. Die wichtigsten Regeln und Empfehlungen für die Praxis. Berlin: Dudenverlag.
  • Candussi, K.; Fröhlich, W. (2015). Leicht Lesen. Der Schlüssel zur Welt. Wien: Böhlau Verlag.
  • Lindholm, C.; Vanhatal, U. (2021) (eds.). Handbook of Easy Languages of Europe. Berlin: Frank & Thimme Verlag.
  • Maass, Ch.; Schäfer, H. (2019). Kommunikation III: Leichte Sprache. In H. Schäfer (Hrsg.) Handbuch Förderschwerpunkt geistige Entwicklung. Grundlagen, Spezifika, Fachorientierung, Lernfelder (S. 433–443). Weinheim, Basel: Beltz.

Leichte Gebärdensprache ist eine einfachere Form von Gebärdensprache.

Leichte Gebärdensprache (Leichte DSGS). Diese einfachere Form der Gebärdensprache wird in der Kommunikation mit Menschen mit einer Hörbehinderung und Migrationshintergrund sowie mit Menschen mit einer Hörbehinderung und einer zusätzlichen kognitiven Beeinträchtigung verwendet. Im Alltag wird die leichte DSGS spontan eingesetzt. Sie zeichnet sich unter anderem durch kürzere (korrekte) Sätze, grösser ausgeführte Gebärden und einen kleineren Gebärdenwortschatz aus. Sie weist Parallelen zur Leichten Sprache auf. Zuständig für den Bereich ist Prof. Patricia Hermann-Shores.

DIMA, Verein für Sprache und Integration

  • DIMA ist führender Partner der HfH im Bereich der Leichten Gebärdensprache. Der Verein bildet aus, unterrichtet und führt erstmalig angewandte Forschung vor Ort durch, um Daten von Sprachlehrer:innen und Lernenden zu sammeln, die Leichte DSGS verwenden. Das Projekt begann im August 2020, wurde aber wegen der Corona-Pandemie verschoben und erst im April 2022 fortgesetzt. Zur Projektgruppe gehört des Weiteren das Instituts für Gelingende Kommunikation der Heilpädagogischen Hilfe Osnabrück. Deren Karl-Luhmann-Heime und die Werkstatt haben einen Schwerpunktbereich für hörgeschädigte Menschen mit zusätzlichen Behinderungen.
  • Ein erster Workshop zum Thema Leichte Gebärdensprache fand im September 2022 statt. An diesem nahmen Patricia Hermann-Shores (HfH), Sarah Guidi (DIMA) und Mitarbeitende der Heilpädagogischen Hilfe Osnabrück teil. In dem Workshop tauschten sich die Projektpartner:innen zu Themen und Aspekten der Leichten Gebärdensprache aus. Geplant wurde, im Rahmen eines Movetia-Projektes, die eigenen Gebärdensprachkurse differenziert und zielgruppengerecht anzupassen sowie externe Interessierte darin zu unterstützen, deren Kurse in Deutscher Gebärdensprache (DGS) weiterzuentwickeln. Anschliessend wird eine Arbeitsgruppe der Heilpädagogischen Hilfen Osnabrück das entsprechende Konzept erarbeiten.
  • Als weitere Partnerorganisationen sollen das Zentrum für Kultur und visuelle Kommunikation der Gehörlosen in Berlin/Brandenburg sowie das Qualifikationszentrum für Gehörlosigkeit, Schwerhörigkeit, Gebärdensprache und Diversity Management in Wien gewonnen werden.

Unterstützte Kommunikation richtet sind an Menschen mit einer Kommunikationsbeeinträchtigung.

Unterstützte Kommunikation (UK). UK ermöglicht Menschen, die in ihrer Kommunikation und Lautsprache beeinträchtigt sind, den Aufbau und Erhalt kommunikativer Kompetenzen. Für den Bereich zuständig ist Prof. Dr. Melanie Willke, Professorin für Bildung im Bereich körperlich-motorische Entwicklung und chronische Krankheiten.

Das Fachgebiet wird in Kooperation mit dem Institut für Sprache und Kommunikation unter erschwerten Bedingungen in Forschung, Lehre, Weiterbildung und Dienstleistungen vertreten. Weitere Informationen finden Sie im Institutsthema «Unterstütze Kommunikation».