Hochschulen müssen sich fragen, wozu sie gut sind

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Bei der diesjährigen Bürgenstock-Konferenz ging es um die soziale Verantwortung der Hochschulen. Wenn man diese ernst nimmt, darf sie kein Feigenblatt sein und kann sogar zu einer Raison d’Être werden.

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Barbara Fäh Titel Prof. Dr.

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Die Grundidee der Jahreskonferenz von HEM-Suisse (Verein Higher Education Management) war klar: Die Hochschule soll kein sprichwörtlicher Elfenbeinturm sein, der hoch über der Stadt thront, sondern ein Teil der Gesellschaft mit unmittelbarem Nutzen für die Bevölkerung. Viele würden dieser Maxime vermutlich intuitiv zustimmen. Doch was heisst das genau – und wie kommt man als Hochschule dahin?

So wie die Fachleute vor Jahren nach Finnland gereist sind, um dem Geheimnis des PISA-Spitzenreiters auf die Spur zu kommen, müssten sie nun in die britische Arbeiterstadt Manchester pilgern. Denn die dortige Universität ist in diesem Bereich die Nummer eins in Grossbritannien, die Nummer zwei in Europa und die Nummer acht weltweit. Ihr Erfolgsrezept: «Soziale Verantwortung ist nicht einfach nur der Zuckerguss drüber, es ist die Torte selbst», sagte Julian Skyrme, Director of Social Responsibility der University of Manchester. Bei ihrer Hochschule besteht die Torte aus vier grossen Stücken, die zeigen, wie breit das Spektrum ist: Es reicht von der gesellschaftlichen Inklusion über die Gesundheitsförderung und Nachhaltigkeit bis hin zum kulturellen Engagement. Immer «for the good of society», wie Skyrme unablässig betonte. Wir haben ihn im Video-Interview gefragt, was für ihn ein schlagendes Beispiel im Bereich der gesellschaftlichen Inklusion ist.

Julian Skyrme, University of Manchester, im Gespräch mit Steff Aellig, HfH

Das Gute am breiten Ansatz der sozialen Verantwortung: Jede Hochschule macht irgendwas. Das Problem: Die meisten Hochschulen machen irgendwas. Will man aber langfristig wirksame Effekte erzielen, muss man gezielt Schwerpunkte setzen. Und zwar so konsequent, dass sie für manch eine Hochschule eine Zeitenwende mit sich bringen würde, wie Julian Skyrme ausführte: «Universities should focus on what they’re good for, not good at» – also sich darauf konzentrieren, wozu sie gut sind, nicht worin. Wir haben bei Teilnehmenden der Konferenz nachgefragt, wie sie soziale Verantwortung verstehen. Die Antworten waren bunt gemischt: «Bewusst auch Studierende mit Beeinträchtigungen einbeziehen», «die nachfolgenden Generationen stets im Blick haben», «nachhaltig sein», «seine Erkenntnisse in einer Sprache kommunizieren, die alle verstehen» – doch hören Sie selbst.

Die Bürgenstock-Konferenz fand am 17. Juni 2022 in Luzern statt. Es ist die Jahresversammlung des Vereins HEM (Higher Education Management). HEM-Suisse engagiert sich für die Fachhochschulen (FH) und die Pädagogischen Hochschulen (PH) der Schweiz. Er setzt sich ein für ein gemeinsames Verständnis von Führung und Leitung. Die HfH-Rektorin Barbara Fäh ist Vizepräsidentin von HEM-Suisse.

Autoren: Steff Aellig, Dr., und Dominik Gyseler, Dr., HfH Wissenschaftskommunikation