miniSPRINT: Kommunikative Kompetenz mehrsprachiger Kinder im Kita-Alltag fördern

Kategorie Projekt

Ausgangslage und Ziele

miniSPRINT soll durch Schulungsmaterialien und konkrete Förderangebote für die kommunikative Partizipation mehrsprachiger Kinder einen zentralen Beitrag für die Praxis leisten und nachhaltig zur Professionalisierung von Kita-Fachpersonen beitragen. Während 45% der mehrsprachigen Kinder in Zürich Deutschförderbedarf haben, gibt es nur in 8% der Kitas spezifische Sprachförderkonzepte. Für Kinder zwischen 2.0 und 4.6 Jahren gibt es bisher kaum Angebote. miniSPRINT schliesst diese Lücke und bietet frühzeitig gezielte professionelle Sprachförderung. Politische Entscheidungsträger unterstützen die Entwicklung von miniSPRINT, um einen nachhaltigen Beitrag für mehr Bildungsgerechtigkeit zu leisten.

Projektleitung

Karoline Sammann Titel Prof.

Funktion

Leiterin Institut für Sprache und Kommunikation

Fakten

  • Dauer
    07.2024
    12.2025
  • Projektnummer
    4_59

Kooperationen

Finanzielle Unterstützung

Ausgangslage

Das Förderkonzept SPRINT wurde im Entwicklungsprojekt SPRINT entwickelt. Eine erste Evaluationsstudie KOMPAS I zeigte positive Effekte: Die kommunikative Partizipation von Kindern mit Deutsch als Zweitsprache (DaZ) verbesserte sich signifikant nach einer Förderung mit SPRINT (Sammann et al., 2023). Eine zweite Evaluationsstudie KOMPAS II wird derzeit mit randomisiertem Kontrollgruppen-Design durchgeführt. SPRINT wurde in mehreren Kindergärten des Kantons Zürich implementiert, mit positiver Resonanz und Nachfrage nach Weiterbildungsangeboten.  

Es besteht Bedarf an vergleichbaren Konzepten zur frühen Sprachförderung für jüngere Kinder.

Dies spiegelt sich auch in politischen Forderungen wider, Deutschförderung verstärkt im Vorschulbereich zu implementieren, um Kindern, die mehrsprachig aufwachsen, zu ermöglichen, die Schulsprache frühzeitig zu erlernen und so einen guten Start in die Volksschule zu garantieren (Regierungsrat des Kantons Zürich, 2019; Bundesrat, 2022). Trotz politischer Forderungen setzen nur 8% der Kitas im Kanton Zürich spezifische Sprachförderkonzepte um (Blöchliger et al., 2020). Gründe hierfür liegen vor allem darin, dass es an Qualifikationsmöglichkeiten für Fachpersonen mangelt und auch darin, dass es nach wie vor kaum (evaluierte) Konzepte für diese Altersstufe gibt.

Ziel ist daher einen Beitrag für die dringend erforderliche Professionalisierung von Fachpersonen zu leisten und Wissens- und Handlungserweiterungsangebote in Bezug auf sprachförderliches Verhalten zu entwickeln und zu erproben, damit sprachförderliche Massnahmen alltagsintegriert umgesetzt werden und ein Beitrag zur Chancengerechtigkeit geleistet werden kann.

Methoden

Zielgruppe

Ausgehend von dem bereits bestehenden Konzept SPRINT für Kindergartenkinder (Sammann et al., 2020) soll mit miniSPRINT ein umfassendes Konzept entwickelt werden, dass die kommunikative Partizipation von mehrsprachigen Kindern im Alter von 2.0 bis 4.6 Jahren alltagsintegriert und entwicklungsangemessen fördert und damit einen zentralen Beitrag für die frühpädagogische Praxis leistet. Neben konkreten Handlungsideen zur bewegungsorientierten Sprachförderung soll miniSPRINT vielfältige Weiterbildungsmaterialien für Kita-Fachpersonen zur Verfügung stellen, die darauf abzielen, die Fachkräfte im Bereich Sprachbildung und Sprachförderung zu qualifizieren und dadurch nachhaltig zur pädagogischen Professionalisierung beitragen.

Vorgehen zur Entwicklung und Umsetzung der geplanten Produkte des Projekts miniSPRINT

In einem ersten Schritt liegt der Fokus des Projekts auf der Entwicklung des Konzepts miniSPRINT sowie der Erarbeitung und Erprobung von zwei davon abgeleiteten Produkten.

Das bestehende Konzept SPRINT für Kindergartenkinder zur Grundlage nehmend, wird im Rahmen von miniSPRINT ein theoriegestütztes und praxisorientiertes Konzept erarbeitet, das neben einer zielgruppengerechten Anpassung für Kita-Kinder spezifische sowie inhaltlich neue Schwerpunkte setzt: Zum einen sollen in miniSPRINT ergänzende Methoden aus dem Fachgebiet der Unterstützten Kommunikation (Lueke, C., 2019). genutzt werden, um insbesondere Kinder, die noch über keine oder sehr geringe (umgebungs-) sprachliche Kompetenzen verfügen, in ihrer kommunikativen Partizipation zu unterstützen. Zum anderen soll ein zentraler Schwerpunkt auf die Professionalisierung von Fachkräften, insbesondere deren Qualifikation im Bereich der frühkindlichen Sprachförderung, gelegt werden.

Produkt 1 umfasst eine digitale Sammlung von Spielideen, die speziell auf die Bedürfnisse und Fähigkeiten der Zielgruppe abgestimmt sind. Zunächst werden theoriebasiert Kriterien definiert, um sicherzustellen, dass die Spielideen den Anforderungen entsprechen. Auf dieser Grundlage erfolgt eine systematische Auswahl von Spielen aus der bestehenden Sammlung «SPRINTdigital». Zudem werden neue Spielideen gesammelt, die besonders für die jüngere Zielgruppe geeignet sind und Methoden der Unterstützten Kommunikation zur Förderung der Kommunikation einbeziehen. Die digitale Spielesammlung wird in Zusammenarbeit mit Kindertagesstätten in der Praxis erprobt. Eine Fachperson führt dafür die Spiele mit den Kindern auf Basis ihrer bestehenden Kompetenzen zum sprachförderlichen Verhalten durch. Die Spielerprobung wird durch Videoaufzeichnungen festgehalten und anschliessend kriteriengeleitet ausgewertet und überarbeitet. Die Videoaufzeichnungen werden für Produkt 2 weiterverwendet.

Produkt 2 umfasst Wissens- und Handlungserweiterungsangebote für Kita-Fachpersonen. Für die Professionalisierung von Kita-Fachpersonen im Bereich sprach- und kommunikationsförderliches Verhalten werden theoriebasierte und praxiserprobte Weiterbildungsinhalte entwickelt und entsprechende Schulungsmaterialien erarbeitet. Dazu gehört die Bereitstellung von Schulungsmaterialien zu zentralen Fokusthemen wie sprach- und kommunikationsförderlichem Verhalten, der pragmatisch-kommunikativen Entwicklung, Unterstützter Kommunikation (UK), Spracherwerb bei Mehrsprachigkeit, Anbahnung von Peerbeziehungen und gegebenenfalls Elternberatung. Dabei sollen die in der Entwicklung von Produkt 1 entstandenen Videos zur Veranschaulichung und Lerngegenstand zum sprachförderlichen Verhalten eingesetzt werden. Um ein modernes Lehr-Lernverständnis zu fördern, werden die Materialien in einer digitalen Lernumgebung bereitgestellt und so konzipiert, dass sie individuelles Lernen entsprechend dem Vorwissen und den aktuellen Interessen der Kita-Fachpersonen unterstützen. Die praktische Anwendung der Lernumgebung wird in Kooperation mit ausgewählten Kitas erprobt und reflektiert und anschliessend entsprechend überarbeitet.

Erwartete Ergebnisse

Die kommunikative Beteiligung von Kindern im Alltag ist bisher noch wenig erfasst und zur spezifischen Situation von Kindern im Alter von 2.04.6 Jahren mit DaZ gibt es noch keine Forschungsergebnisse.

Das geplante Entwicklungsprojekt hat zwei Ziele im Fokus: zum einen soll das Förderkonzept miniSPRINT entwickelt werden und zum anderen die Professionalisierung der Kita-Fachpersonen unterstützt werden. Wie oben ausgeführt, liegen am Ende der Konzeptentwicklung zwei Produkte als Ergebnisse vor, die flexibel in den Kita-Kontext einsetzbar ist und alltagspraktische Handlungsmöglichkeiten beinhalten.

Eine systematische Evaluation des Kompetenzzuwachs im sprachförderlichen Handeln der Fachpersonen durch miniSPRINT sowie des direkten Effekts auf die kommunikative Kompetenz der Kinder soll zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Diese Erkenntnisse sollen einen Beitrag leisten, um die Lernumgebung im Kita-Alltag optimal sprachförderlich planen und gestalten zu können.

Diskussion

Erkenntnisgewinn für das Berufsfeld und/oder Forschungsfeld der Heilpädagogik

Sprachförderung hat einen ausgewiesenen Bedarf in der Schweiz, belegt durch die aktuelle Pisa-Studie 2023 für die Schweizer Jugendlichen. Stamm geht davon aus, dass die für Deutschland erhobenen Zahlen von ca. 3446% der Kinder mit Sprachförderbedarf (Kiziak, et al., 2012) auch für die Schweiz gelten (Stamm, 2014).

Aufgrund der hohen Relevanz der Sprachförderung, wurde von der EDK 2003 ein Aktionsplan Pisa Folgemassnahmen entwickelt (EDK Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren, 2003) in dem die Handlungsfelder Sprachförderung für Alle und Sprachförderung für Kinder und Jugendliche mit ungünstigen Lernvoraussetzungen explizit benannt werden. Das Projekt miniSPRINT leistet einen gesellschaftlichen Beitrag auf wissenschaftlicher, theoretischer und praktischer Ebene. Ein zentraler Anspruch besteht darin, zur Entwicklung von sprachförderlichen Angeboten für junge Kinder und zur Chancengerechtigkeit beizutragen.

Relevanz hinsichtlich Lehre, Ausbildung, Forschung, Weiterbildung, Dienstleistung an der HfH, sowie Relevanz und nachhaltiger Nutzen für die Gesellschaft

Die Erkenntnisse aus dem Forschungsprojekt miniSPRINT werden für Ausbildung, Weiterbildung und Dienstleistung der HfH zentrale Erkenntnisse liefern, die bisherige konzeptuelle und methodische Ansätze erweitern und verändern werden sowie neue Angebote möglich machen. Konkret werden die Ergebnisse (hier Produkt 1 und 2) in die Studiengänge BA und MA LOG sowie MA SHP/ HFE bzw. die entsprechenden Module einfliessen. Es bietet sich an, neue Themen für Abschlussarbeiten und Wahlmodulangebote zu gestalten. Ein zentrales neues Angebot kann die Entwicklung von Weiterbildungskursen zum Konzept miniSPRINT sein. Die Erfahrung zeigt, dass solche konkreten Weiterbildungsangebote von der Praxis ausdrücklich gesucht werden (SPRINT-Konzept). Aktuell sind die Dienstleistungsanfragen für Abrufkurse und Beratungsangebote (z.B. Sprachförderung für den Zyklus 1 und auch für den Frühbereich) hoch. Daher kann miniSPRINT dazu beitragen, neue Angebote zu konzipieren und einen konkreten Bedarf der Praxis zu bedienen. Durch die Sensibilisierung und gezielte Vorbereitung der Studierenden in den Studiengängen der HfH sowie durch spezielle Weiterbildungsangebote für Fachkräfte in der Praxis werden sowohl die Vermittlung der theoretischen und praktischen Grundlagen der frühkindlichen Sprachförderung als auch die erforderlichen Kompetenzen zur nachhaltigen Sprachförderung bereits in der frühkindlichen Betreuung sichergestellt. Die Förderung sprachlicher Fähigkeiten in den frühen Lebensjahren der Kinder und die Verbesserung ihrer kommunikativen Partizipation im Kita-Alltag sind entscheidend für ihre aktive und sprachlich kompetente Teilnahme an den gesellschaftlichen Teilbereichen. Dies fördert nicht nur ihre individuelle Bildungsentwicklung, sondern stärkt auch die Chancengerechtigkeit im Bildungssystem insgesamt.

Literatur

Blöchliger, O., Nussbaum, P., Ziegler, M., & Bayard, S. (2020). Situation der familien- und unterrichtsergänzenden Kinderbetreuung im Kanton Zürich. Bildungsdirektion, Bildungsplanung.

Bildungsdirektion Kanton Zürich (Hrsg.). (2014). Nach neun Jahren Schule. Entwicklung der schulischen Leistungen von Schülerinnen und Schülern im Kanton Zürich während der obligatorischen Schulzeit. https://edudoc.ch/record/114430/files/BR_Leistungszuwachs_Bericht.pdf

Bundesrat (2022). Frühe Sprachförderung in der Schweiz. Bericht des Bundesrates in Erfüllung der Motion 18.3834 Eymann vom 25. September 2018. Bern, Bundesrat. https://www.sbfi.admin.ch/dam/sbfi/de/dokumente/2022/06/motion-eymann-bericht-br.pdf.download.pdf/motion-eymann-bericht-br_d.pdf

EDK Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren. (2003). Ein Aktionsplan Pisa Folgemassnahmen. https://www.zh.ch/de/bildungsdirektion/generalsekretariat-der-bildungsdirektion/bildungsrat/suche-bildungsratsbeschluesse/2005-brb-11-pisa-2000-folgemassnahmen.html

Isler, D., Kirchhofer, K., & Hefti Christ, C. (2017). Fachkonzept «Frühe Sprachbildung». Bildungsdirektion Kanton Zürich. https://www.zh.ch/content/dam/zhweb/bilder-dokumente/themen/familie/fruehe-kindheit/fruehe-sprachbildung/handreichung_fruehe_sprachbildung.pdf

Kiziak, T., Kreuter, V., & Klingholz, R. (2012). Dem Nachwuchs eine Sprache geben. Was frühkindliche Sprachförderung leisten kann. Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung.

Lueke, C. (2019). Unterstützte Kommunikation bei Kindern und Erwachsenen. Springer.

Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). (2023). Pisa-Studie 2023. https://www.oecd.org/berlin/themen/pisa-studie/

Regierungsrates des Kantons Zürich. (2019). 389. Motion (Frühe Deutschförderung). Auszug aus dem Protokoll des Regierungsrates des Kantons Zürich (KR-Nr. 42/2019). Sitzung vom 17. April 2019. https://www.zh.ch/bin/zhweb/publish/regierungsratsbeschluss-unterlagen./2019/389/RRB-2019-0389.pdf

Regierungsrat des Kantons Zürich. (2019). Richtlinien der Regierungspolitik 2019–2023. https://www.zh.ch/content/dam/zhweb/bilder-dokumente/organisation/regierungsrat/publikationen/legislaturziele/Legislaturbericht_2019_2023.pdf

Sammann, K., Sodogé, A., et al. (2022). SPRINTdigital. https://digital.hfh.ch/sprint/chapter/theoretische-grundlagen/

Sammann, K. (2023, November 9–10). Kommunikative Partizipation mehrsprachiger Kinder im Kindergarten [Konferenzvortrag]. Tagung Mehrsprachigkeit, Pädagogische Hochschule Graubünden, Davos, Schweiz.

Stamm, M. (2014). Frühe Sprachförderung. Was sie leistet und wie sie optimiert werden kann [Dossier]. Swiss Institute for Educational Issues.