Beziehung gut, alles gut?

Reportage

Verhaltensprobleme sind häufig die Folge von Problemen der Lehrer-Schüler-Beziehung. Und sie lassen sich nur im Rahmen von Beziehungen wieder beheben.

Kontakt

«Beziehung ist alles – oder fast alles», sagt Alexander Wettstein, Professor an der PHBern. Als einer der wenigen in der Schweiz hat er Zahlen dazu: «Der Effekt einer guten Lehrer-Schüler-Beziehung ist doppelt so stark wie jener einer guten Klassenführung», fasst er eine eigene repräsentative Studie zu Unterrichtsstörungen zusammen. Schülerinnen und Schüler verbringen während ihrer Schulzeit rund 15'000 Stunden mit ihren Lehrpersonen. «Doch die ersten Wochen sind jeweils besonders wichtig, dann wird eine Beziehung überhaupt erst ermöglicht», präzisiert Wettstein. Allerdings legen viele Lehrpersonen gerade zu Beginn den Schwerpunkt auf Disziplin – kein Widerspruch? Nein, sagt Wettstein: «Beziehung und Disziplin sind zwei unabhängige Dimensionen.»

Die nachfolgende Grafik zeigt: Durch die beiden unabhängigen Dimensionen «Lenkung» und «emotionale Zuwendung» ergeben sich vier Quadranten. Jedem dieser Quadranten entspricht ein Typ von Lehrperson.

Die Führungsstile sind aufgeteilt in vier Quadranten zwischen zwei Dimensionen: Lenkung und Emotionale Zuwendung. Die Lenkung geht von dominant bis unterwürfig, die Emotionale Zuwendung von feindlich bis freundlich.

Beschreibung der Grafik. Die Führungsstile sind aufgeteilt in vier Quadranten zwischen zwei Dimensionen: Lenkung und Emotionale Zuwendung. Die Lenkung geht von dominant bis unterwürfig, die Emotionale Zuwendung von feindlich bis freundlich. Zwischen feindlich und dominant sind die Eigenschaften «strikt» und «tadelnd». Zwischen dominant und freundlich sind «führend» und «helfend». Zwischen feindlich und unterwürfig sind «unzufrieden» und «unsicher». Und zwischen freundlich und unterwürfig sind «verstehend» und «ermöglichend». Die Lenkung entspricht dem Verhalten, das den Unterrichtsverlauf kontrollieren oder beeinflussen kann. Die emotionale Zuwendung beinhaltet freundliches, wertschätzendes und respektvolles Verhalten in der Schüler-Lehrer-Interaktion.

In welchem Quadranten ist nun die Lehrperson verortet, die prädestiniert ist, gute Beziehungen einzugehen? Und inwieweit kann man sich verändern – also zum Beispiel freundlicher, wertschätzender und respektvoller werden? Die Antworten erfahren Sie im folgenden Interview mit Alexander Wettstein.

Informationen zum Video. Zu Beginn wird der Text «Erfolgreich in Beziehung sein, Interview mit Prof. Dr. Alexander Wettstein» eingeblendet. Das Interview wird geführt von Dr. Steff Aellig (Wissenschaftskommunikation HfH). Der Gesprächsgast ist Prof. Dr. Alexander Wettstein (PHBERN).

Video-Interview mit Alexander Wettstein

Video-Abspann in Textform

Erfolgreich in Beziehung sein - Bindung und Beziehung in Schule und Unterricht, Interview zur Tagung durchgeführt am 25.01.2020 an der HfH Zürich

  • Mitwirkend: Prof. Dr. Alexander Wettstein (PHBERN; Leiter Schwerpunktprogramm «Soziale Interaktion in pädagogischen Settings», Dozent für Pädagogische Psychologie)
  • Gesprächsleitung: Dr. Steff Aellig (Wissenschaftskommunikation HfH)
  • Technik, Kamera, Schnitt: Beni Schafheitle, www.pixair.ch
  • Konzeption und Regie: Dr. Steff Aellig und Dr. Dominik Gyseler

Diese Tagung war ein Anlass des Instituts für Verhalten, sozio-emotionale und psychomotorische Entwicklungsförderung (HfH).

«Verhaltensprobleme sind in der Regel die Folge von Beziehungsproblemen. Und hinter Beziehungsproblemen stehen häufig Bindungsstörungen», sagt Henri Julius, Professor an der Universität Rostock. Kinder, die in sicheren Bindungen aufgewachsen sind, haben gelernt, sich emotional zu regulieren. Sie lösen bei Lehrpersonen intuitiv ein fürsorgliches Verhalten aus, was sich in einer guten Lehrer-Schüler-Beziehung niederschlägt. Doch während früher rund 70 Prozent zu den sicher gebundenen Kindern gezählt wurden, sind es heute gerade noch etwa 50 Prozent. Die andere Hälfte, die unsicher gebundenen Kinder, sind latent immer im Stress. Da ist das intuitive Verhalten der Lehrperson sogar kontraproduktiv, weil man sich gegenseitig im Ärger oder in der Wut hochschaukelt. Hier müssen Fachpersonen Techniken lernen, mit denen sie die Kinder gezielt herunterregulieren können.

Wie man als Lehrperson einen Zugang zu solchen Kindern bekommt, damit befasst sich Thomas Lustig, Professor an der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik in Zürich: «Das Verhandeln von bestimmten Bedingungen ist ganz wichtig, um Lernen zu gestalten», sagt er. Was er damit meint, erläutert er im Interview.

Informationen zum Video. Zu Beginn wird der Text «Erfolgreich in Beziehung sein, Interview mit Prof. Thomas Lustig » eingeblendet. Das Interview wird geführt von Dr. Dominik Gyseler (Wissenschaftskommunikation HfH). Der Gesprächsgast ist Prof. Thomas Lustig (HfH Zürich).

Prof. Thomas Lustig im Gespräch

Video-Abspann in Textform

Erfolgreich in Beziehung sein - Bindung und Beziehung in Schule und Unterricht, Interview zur Tagung durchgeführt am 25.01.2020 an der HfH Zürich

  • Mitwirkend: Prof. Thomas Lustig (HfH Zürich; Tagungsleitung; Professor für Erziehung und Bildung bei Beeinträchtigungen der sozio-emotionalen Entwicklung)
  • Gesprächsleitung: Dr. Dominik Gyseler (Wissenschaftskommunikation HfH)
  • Technik, Kamera, Schnitt: Beni Schafheitle, www.pixair.ch
  • Konzeption und Regie: Dr. Steff Aellig und Dr. Dominik Gyseler

Diese Tagung war ein Anlass des Instituts für Verhalten, sozio-emotionale und psychomotorische Entwicklungsförderung (HfH).

Autoren: Dominik Gyseler, Dr. und Steff Aellig, Dr., Wissenschaftskommunikation HfH