Pilotprojekt: Bringing mentalisation-based pedagogy to Switzerland

Kategorie Projekt

Ausgangslage und Ziele

Mentalisieren in der Pädagogik hilft, junge Menschen in Schwierigkeiten innerlich zu stabilisieren und feinfühlig im System zu halten, andererseits Lehrpersonen psychodynamisch zu professionalisieren. Ziel ist es, die HfH international zu vernetzen und ein Gesuch im Internationalen Programm (movetia) einzureichen und die weitere Drittmittelakquise zu koordinieren.

    Projektleitung

    Pierre-Carl Link Titel Prof.

    Funktion

    Professor für Erziehung und Bildung im Feld sozio-emotionaler und psychomotorischer Entwicklung

    Fakten

    • Dauer
      02.2022
      12.2022
    • Neue Projektnummer
      2_20

    Projektteam

    • Peter Fonagy
    • Tobias Nolte
    • Stephan Gingelmaier
    • Nicola-Hans Schwarzer
    • Holger Kirsch
    • Noëlle Behringer
    • Agnes Turner
    • Joost Hutsebaut
    • Andrea Dlugosch
    • Michael Wininger
    • Melanie Henter
    • Tillmann F. Kreuzer

    MOVETIA hat den vorbereitenden Besuch am UCL (London) im März finanziert.

    Ausgangslage

    Im Zentrum des Entwicklungsprojekts steht das noch junge und zunächst klinisch geprägte Mentalisierungskonzept, welches seit den 1990er-Jahre von der Gruppe um Peter Fonagy am University College London entwickelt wird und Beiträge verschiedener Disziplinen in einer Theorie des Mentalen integriert. Mentalisieren ist dabei «ein imaginatives Wahrnehmen oder Interpretieren von Verhalten unter Bezugnahme auf intentionale mentale Zustände» (Allen, Fonagy, Bateman, 2011, 24). Die Mentalisierungsfähigkeit gestattet es demnach, dass «psychische oder mentale Befindlichkeiten genutzt werden, um zu verstehen, wie sich das eigene und das Verhalten anderer begründet» (Taubner, 2015, 17 f.). Mentalisierende Beziehungserfahrungen können bei Menschen die Mentalisierungsfähigkeit verbessern und unterstützen bei der Aufrechterhaltung psychischer Gesundheit, dem kognitiven, sozio-emotionalen Lernen und dem Interagieren in sozialer Interaktion. Deshalb spielt Mentalisieren auch in der Heilpädagogik eine grosse Rolle. Die Mentalisierungsbasierte Pädagogik ist ein innovativer Forschungsansatz, dessen Grundannahme darin besteht, dass gelingende Prozesse und Interaktionen in der Interaktion zwischen Lernenden und Lehrpersonen mentalisierend verstanden werden können. Das bedeutet, dass Emotionen, Verstehen, sozialkognitives Lernen und pädagogische Beziehung im Vordergrund stehen.

    Das internationale und interdisziplinäre DFG-Forschungsnetzwerk (MentEd) wurde - bisweilen noch ohne Schweizer Beteiligung - mit dem Ziel gegründet, diesen umfassenden, klinischen Ansatz auf die Pädagogik zu übertragen. Das Netzwerk wurde von 2016 bis Januar 2020 von der DFG gefördert, wodurch eine vertrauensvolle Partnerschaft zur UCL und dem Antragsteller aufgebaut werden konnte. Derzeit findet der Transfer auf die Praxisebene über eine ERASMUS+ Strategische Partnerschaft statt, im Rahmen derer pädagogische Fachpersonen geschult werden.

    Das University College London, die PH Ludwigsburg, Evangelische Hochschule Darmstadt, Universität Koblenz-Landau, Universität Klagenfurt, Bertha von Suttner Privatuniversität St. Pölten, Tilburg University, De Viersprong Institute und die Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik (HfH) einigen sich, dass unter der Leitung der HfH ein gemeinsames Antragsgesuch im Internationalen Programm bei movetia eingereicht wird und weitere Drittmittel zu akquirieren. Der vorbereitende Besuch hatte die Kontaktaufnahme zu möglichen Projektpartnern, Definition von Zielsetzungen, Arbeitspaketen und Vorgehensweisen zur Aufgabe, um das Mentalisierungskonzept als innovative Bildungsidee in der Schweizer Heilpädagogik zu adaptieren.

    Auf Tertiärstufe soll an der HfH, die durch ihre interkantonale Ausrichtung mit 13 Trägerkantonen und Liechtenstein eine Flächenhochschule mit grosser Strahlkraft darstellt, ein besonderer Fokus auf die Ausbildung von sonderpädagogischen Fachpersonen gelegt werden. Dadurch, dass die HfH Lehrpersonen adressiert, die interkantonal studienbegleitend in Schulen tätig sind, ist von einem hohen und nachhaltigen Multiplikatoreneffekt von der Tertiärstufe hinein ins schulische Bildungssystem zu erwarten. Durch die Initiierung des fachlichen Austauschs wurde einstimmig der Beschluss gefasst, das Projekt mit Fokus auf die Schweiz kooperativ anzugehen. Zudem konnte den Partnerinstitutionen der beteiligten Länder ein Einblick in die Schweizer Bildungslandschaft geboten werden. Der Besuch hat es ermöglicht, die potenziellen Partnerinstitutionen von einer Kooperation mit der HfH zu überzeugen, sodass es zu einer Positionierung und Sichtbarkeit dieser durch die forschungsstarken Partner der internationalen Scientific Community geführt hat.

    Vorgehen

    Gemeinsam mit den Partnerinstitutionen ist ein Treffen vom 18.03.2022 bis 20.03.2022 bei und mit Prof. Peter Fonagy und Tobias Nolte am University College London geplant, um den Forschungsantrag und den individuellen Beitrag der Partnerinstitutionen für das Internationale Programm (movetia) auszuloten und zu finalisieren. An diesem Märztreffen werden Vertreter:innen aller Partnerinstitutionen in London anwesend sein. Das Programm dient neben einem interkulturellen fachlichen Austausch über den Anwendungskontext in den beteiligten Ländern (CH, UK, NL, DE, AT) und den Multiplikatoreneffekt hinaus auch dazu, den Partnerinstitutionen einen Einblick in die Schweizer Bildungs- und Lehrpraxis zu bieten.

    Zielsetzung

    Der vorbereitende Besuch in London und die weitere Kooperation dienen der Zielsetzung, die HfH als erste Schweizer Wissenschaftseinrichtung mit pädagogischem Fokus international zum Thema «Mentalisierende Pädagogik» zu vernetzen. Kurzfristiges Ziel ist es, gemeinsam mit den potenziellen Partnerinstitutionen dergestalt zu kooperieren, dass auf Basis der Ergebnisse der bisherigen geförderten Netzwerkarbeit durch die DFG (GZ: GI 1274/1-1) und ERASMUS+ Strategische Partnerschaft (2019-1-DE01-KA203-004967) das Entwicklungsprojekt inhaltlich auf eine neue Ebene gehoben wird und das Schweizer Bildungssystem zunächst primär auf der Tertiärstufe zu adressieren. Neu fokussiert wird in diesem Entwicklungsprojekt mit dem Mentalisierungskonzept die Schweizer Heil- und Sonderpädagogik.

    Dies dient den mittel- und langfristigen Zielen:

    1. die Vernetzung von etablierten internationalen und europäischen Expert:innen mit einer interkantonal verfassten Hochschule voranzubringen, um das Schweizer Bildungssystem mit seinen Bedarfen und Möglichkeiten in Hinblick auf Exklusionsprävention und Inklusionschancen explizit in den Mittelpunkt des Interesses zu rücken;
    2. auf dieser Basis Thema und Wirkung Mentalisierungsbasierter Pädagogik für schulische Prävention und Intervention bei Schulschwierigkeiten im hochschulischen Feld durch Vortrags-, Publikations- und Tagungstätigkeit interkantonal breit zu verankern, mit dem Ziel, Kontakte zu potenziellen Schweizer Kooperationspartnern auf Hochschul- und Schulebene anzubahnen; sowie
    3. einen Drittmittelantrag für eine Replikationsstudie auf den Weg zu bringen, um ein Fortbildungscurriculum für Lehrpersonen und angehende Heilpädagogen an die Schweiz zu adaptieren und berufsspezifisch auf seine Wirksamkeit hin zu überprüfen.

    Publikationen

    • Link, P.-C.
      Der Sprache des «Anderen» Gehör verschaffen. Vulnerabilität und Relationalität als Paradigmen im heilpädagogischen Umgang mit Kindern und Jugendlichen in Schwierigkeiten.
      Kolloquium von Prof. Dr. Franziska Felder (Inklusion und Diversität), Universität,
      Zürich, Schweiz.
    • Gingelmaier, S., Dlugosch, A., Henter, M., Behringer, N., Schwarzer, N.-H., Beyer, A., & Link, P.-C.
      Wie weit reicht eine Mentalisierungsbasierte Pädagogik in der sozio-emotionalen Entwicklung?
      [Konferenzvortrag].
      "Reichweite einer Pädagogik sozio-emotionaler Entwicklung", 14. Konferenz der Dozierenden im Förderschwerpunkt Emotionale und Soziale Entwicklung, Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik,
      Zürich, Schweiz.
    • Link, P.-C.
      Mentalisieren als innovativer Ansatz für die Heil- und Sonderpädagogik?!
      HfH-Weiterbildungstag, Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik,
      Zürich, Schweiz.
    • Gyseler, D., Aellig, S., & Link, P.-C.
      Mentalisieren hilft Verstehen: Pierre-Carl Link im Gespräch.
      Antrittsvorlesung, Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik (HfH),
      Zürich, Schweiz.
    • Link, P.-C.
      Bringing mentalisation-based pedagogy to Switzerland.
      Transnational project meeting of the Erasmus + CurrMentEd project, Anna Freud Centre, Kantor Centre of Excellence, University College,
      London, Vereinigtes Königreich.
    • Link, P.-C.
      (2021).
      Rezension.
      [Besprechung des Buches Praxisbuch mentalisierungsbasierte Pädagogik, von Gingelmaier, S., & Kirsch, H.].
      Menschen – Zeitschrift für gemeinsames Leben, Lernen und Arbeiten,
      (5),
      84–84.
    • Link, P.-C.
      Inklusion als innerer Prozess - psychoanalytische Perspektiven auf sonderpädagogische Diskurse.
      Inklusion aus sonderpädagogischer Perspektive – eine Einführung, Vorlesung, Prof. Dr. Marcel Veber, Universität,
      Osnabrück, Deutschland.
    • Link, P.-C.
      Kann Lehrer*innenbildung 'freudlos' sein? Psychoanalytische Professionalisierung durch mentalisierende Pädagogik
      [Konferenzvortrag].
      6. Hildesheimer CeLeB-Tagung zur Bildungsforschung "Professionalisierung in der Studieneingangsphase der Lehrer*innenbildung. Modelle – Potenziale – Paradoxien", Universität Hildesheim,
      Hildesheim, Deutschland.
    • Link, P.-C., & Kramer, N.
      (2019).
      Mentalisierungsbasierte Traumapädagogik, dargestellt am Beispiel traumatisierter Menschen mit Fluchterfahrung.
      In R. Stein, P.-C. Link, & P. Hascher (Hrsg.),
      Frühpädagogische Inklusion und Übergänge
      (S. 329–344).
      Frank & Timme.
    • Wiesmann, C., & Link, P.-C.
      (2019).
      Kritische Psychologie in der mentalisierungsbasierten Begleitung von Strafgefangenen.
      AndersOrt - Fachzeitschrift für Gefängnisseelsorge,
      (1),
      8–15.
    • Gingelmaier, S., Schwarzer, N.-H., & Link, P.-C.
      (2018).
      Behandlungsprogramm für Straftäter mit Störungen des Sozialverhaltens. Mentalisierungsbasierte Therapie für Adoleszente.
      AndersOrt - Fachzeitschrift für Gefängnisseelsorge,
      (2),
      20–25.
    • Langnickel, R., & Link, P.-C.
      (2018).
      Freuds Rasiermesser und die Mentalisierungstheorie.
      In S. Gingelmaier, S. Taubner, & A. Ramberg (Hrsg.),
      Handbuch Mentalisierungsbasierte Pädagogik
      (S. 120–132).
      Vandenhoeck & Ruprecht.
    • Link, P.-C., & Wiesmann, C.
      (2018).
      Having prisoners in mind – „Mentalisieren heißt sich selbst von außen und andere von innen zu sehen“.
      AndersOrt - Fachzeitschrift für Gefängnisseelsorge,
      (1),
      6–10.
    • Link, P.-C.
      (2022).
      «die Stimme des Intellekts ist leise, aber sie ruht nicht, ehe sie sich Gehör verschafft hat.» (Freud, 1927c, 377): Ein Kommentar.
      In T. Nolte, & K. Rugenstein (Hrsg.),
      365 x Freud: Ein Lesebuch für jeden Tag.
      Klett-Cotta.
    • Link, P.-C., von Salis, T., & von Salis, E.
      Die Operative Gruppe als Professionalisierungsstrategie
      [Konferenzvortrag].
      "Soziale Krisen und ihre Auswirkungen auf Familien, pädagogische Professionalität und Organisationen", Herbsttagung der Kommission „Psychoanalytische Pädagogik“ in der DGfE in Kooperation mit der Humboldt-Universität zu Berlin und der International Psychoanalytic University,
      Berlin, Deutschland.
    • von Salis, E., von Salis, T., & Link, P.-C.
      Operative Gruppe zur Frage «Was ist eigentlich psychoanalytische Pädagogik?»
      [Konferenzvortrag].
      "Soziale Krisen und ihre Auswirkungen auf Familien, pädagogische Professionalität und Organisationen", Herbsttagung der Kommission „Psychoanalytische Pädagogik“ in der DGfE in Kooperation mit der Humboldt-Universität zu Berlin und der International Psychoanalytic University,
      Berlin, Deutschland.
    • Link, P.-C., & Langnickel, R.
      Psychoanalyse und Sonderpädagogik.
      Seminarreihe Psychoanalytische Pädagogik, Pädagogische Hochschule,
      Ludwigsburg, Deutschland.
    • Florin, M., & Link, P.-C.
      Umgang mit herausforderndem Verhalten in der Schule.
      Schulinterne Weiterbildung,
      Ebnat-Kappel, Schweiz.
    • Link, P.-C.
      (2022, Juli 10).
      Statement zum Interview für den Imagefilm "Was bedeutet Psychoanalyse?" der International Psychoanalytic University Berlin
      [Online-Ressource].
      International Psychoanalytic University Berlin (IPU).
    • Gingelmaier, S., Kirsch, H., Link, P.-C., Nolte, T., Turner, A., & Schwarzer, N.-H.
      (2022).
      Mentalisierungsfähigkeit. Eine schützende und förderbare Ressource für das schulische Setting: Die Lehrpersonenperspektive.
      Report Psychologie,
      49
      (9),
      6–10.
    • Link, P.-C., Schwarzer, N.-H., Kirsch, H., Nolte, T., Behringer, N., Kreuzer, T. F., Turner, A., Wininger, M., Henter, M., Fonagy, P., Hutsebaut, J., & Gingelmaier, S.
      (2022).
      Adaption Mentalisierungsbasierter Heil- und Sonderpädagogik im Schweizer Bildungssystem auf Tertiärstufe.
      SZH - Schweizerische Zeitschrift für Heilpädagogik,
      28
      (11),
      63.
    • Link, P.-C.
      Pilotprojekt MentEd - Bringing mentalisation-based pedagogy to Switzerland.
      Forschung für die Praxis: Online Forschungskolloquien,
      HfH - Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik Zürich, Schweiz.
    • Link, P.-C.
      Pilotprojekt: Bringing mentalisation-based pedagogy to Switzerland.
      Forschung für die Praxis: Online Forschungskolloquien, HfH - Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik,
      Zürich, Schweiz.