«Das Ziel ist bestmögliche Teilhabe!»

Jubiläum 2024

Zum 100-Jahr-Jubiläum lanciert die HfH die Kampagne «Teilhabe ist, wenn …». An der Vernissage vom 9. April 2024 sagt Rektorin Barbara Fäh, was die HfH mit dieser Kampagne bezweckt: Menschen mit Behinderung sollen am gesellschaftlichen Leben teilhaben können.

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Steff Aellig Titel Dr. phil.

Funktion

Senior Consultant

Dominik Gyseler Titel Dr. phil.

Funktion

Senior Lecturer

Bildung für Alle ist kein Selbstzweck. Als ehemalige Staatsanwältin ist Silvia Steiner mit der Bundesverfassung vertraut. «Die Stärke des Volkes misst sich am Wohl der Schwachen», zitiert die Regierungsrätin und Bildungsdirektorin des Kantons Zürich in ihrer Eröffnungsrede und schlägt die Brücke in die Praxis: «Wo, wenn nicht in unseren Schulen, sollen wir uns das zu Herzen nehmen?» Diese Verbindung zwischen Bildung und Gesellschaft ist es, die auch Barbara Fäh betont. «Bildung für Alle ist nicht einfach Selbstzweck, sondern verfolgt ein übergeordnetes Ziel», sagt sie: «Die bestmögliche Teilhabe aller Menschen am gesellschaftlichen Leben.» Damit ist das Schlüsselwort ausgesprochen: Teilhabe. In der Kampagne der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik, die mit dieser Vernissage lanciert wird, berichten 34 Personen, was Teilhabe für verschiedene Behinderungen und Problemlagen bedeutet. Zu den Video-Statements

Zudem sind bis Ende Jahr die Porträtbilder mit Zitaten in den Gängen der HfH ausgestellt – definitiv einen Besuch wert! Das nachfolgende Video gewährt einen Blick hinter die Kulissen der Kampagne.

Making-of mit Statements von einzelnen Teilnehmenden.

«Augen auf verschwommen stellen». Matthias Huber ist Psychologe und Fachberater bei der Stiftung Kind und Autismus in Urdorf – und selbst von Autismus betroffen. «Teilhabe ist, wenn ich als Mensch mit Autismus an deinem Leben teilnehme – und du an meinem», sagt Huber in seinem Statement. Doch wie muss man sich sein Leben konkret vorstellen? «Beim Apéro nachher überfordert mich Blickkontakt, weil das zu intensiv für mich ist», macht er ein Beispiel und verrät anschliessend seinen Trick: «Ich stelle meine Augen auf verschwommen, weil ich so die Informationen aus dem Gesicht meines Gegenübers reduziere.» Das ist eine von vielen Anpassungsleistungen, die den Alltag von Matthias Huber und anderen Menschen mit Autismus prägt. Ariane Bühler diskutiert als HfH-Expertin mit: «Es ist sehr hilfreich, wenn wir von Personen wie Matthias hören, was sie herausfordert», sagt sie. Doch für die Dozentin ist klar: Als Gesellschaft haben wir hier noch Luft nach oben. «Ich denke, dass jene Person, die über mehr Ressourcen und Möglichkeiten verfügt, auch eine grössere Verantwortung trägt, damit diese Anpassung gelingt.» Know-how über Behinderungen hilft dabei, aber entscheidend ist für sie das Mindset: «Das Wichtigste ist, dass wir echtes Interesse am anderen Menschen haben», so Bühler.

Berührungsängste im Betrieb abbauen. Ebenfalls beim Podium dabei ist Lucien Le. Er arbeitet als Assistenzlehrer an der Schule Luchswiesen in Zürich. Das ist nicht selbstverständlich, denn er ist körperlich und kognitiv beeinträchtigt. «Teilhabe ist, wenn Menschen mit einem Handicap einen Job im normalen Arbeitsmarkt bekommen», lautet sein Statement in der Kampagne. Er hilft Kindern beim Lesen und Rechnen, obwohl er dort selber Probleme hat. Aber manchmal hilft ihm gerade das, einen Zugang zu den Kindern zu finden: «Die Aufregung auffangen und jemanden beruhigen, das ist eine wichtige Funktion in meinem Job», sagt er. Damit Menschen wie er erfolgreich sind, brauche es das Engagement der Schulleitung und ein unterstützendes Umfeld innerhalb des Schulteams, betont Le. Für Claudia Schellenberg, HfH-Expertin für den Übergang von der Schule in den Beruf, sind Begleitung und Unterstützung wichtige Gelingensbedingungen. «Teilhabe ist, wenn man in einem Betrieb die Berührungsängste abbaut und Jugendlichen mit einem Handicap eine Chance gibt», sagt die Professorin in ihrem Kampagnen-Statement. Sie ist überzeugt, dass wir als Gesellschaft schon einiges erreicht haben. Doch: «Wir sind noch lange nicht am Ziel. Viele Betriebe befürchten beispielsweise, dass sich Menschen mit Beeinträchtigung nicht so gut in das Team integrieren können», sagt sie. Es brauche eine offene Kommunikation über Behinderung und Möglichkeiten. «Nur so kann Teilhabe gelingen», so Schellenberg. Die nachfolgende Slideshow gibt einen Eindruck von der gelungenen Veranstaltung, welche mit einem Apéro und angeregtem Austausch abgerundet wurde.

Bildungsdirektorin Silvia Steiner eröffnet die Vernissage am 9. April 2024. Fotoeindrücke zu Musik von Patric Birrer und Murat Cevik.

Kampagne. Die Vernissage vom 9. April 2024 bildet den Auftakt der Kampagne «Teilhabe ist, wenn …», die bis Ende Jahr läuft. In diesem Zeitraum ist auch die Ausstellung der Fotoplakate in den Gängen der HfH zu sehen. Produziert wurde die Kampagne von Carlos Crespo (Fotos) und Beni Schafheitle (Videos). Das Konzept erstellt und Regie geführt haben Dominik Gyseler und Steff Aellig (HfH-Wissenschaftskommunikation). Sie moderierten auch die Podiumsdiskussion anlässlich der Vernissage. Die musikalische Umrahmung der Vernissage gestalteten Patric Birrer (Gitarre) und Murat Cevik (Querflöte).

Rundes Jubiläum. Die HfH – hervorgegangen aus dem Heilpädagogischen Seminar (HPS) – feiert im Jahr 2024 ihr 100-jähriges Jubiläum unter dem Motto «100 Jahre HfH – Bildung für Alle». Durch die Wirren des 20. Jahrhundert hindurch bis heute setzen sich zahlreiche Personen dafür ein, dass Bildung auch für die Schwächsten unserer Gesellschaft eine Selbstverständlichkeit ist. Mehr zur Geschichte der HfH

Top-Thema. Weitere spannende Inhalte, die im Rahmen des Jubiläums entstanden sind, finden Sie unter dem Top-Thema «100 Jahre HfH». Zum Top-Thema