Patsawee Rodcharoen forscht zu Bildungschancen in belasteten Familien

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Patsawee Rodcharoen ist Junior Researcher an der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik (HfH) und forscht im Rahmen ihres Doktoratsstudiums zu Bildungschancen von Kindern aus belasteten Familien.

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Patsawee Rodcharoen ist Junior Researcher im Institut für Professionalisierung und Systementwicklung. Sie hat ihr Masterstudium an der Universität Basel abgeschlossen und forscht an der HfH schwerpunktmässig im Interventionsprojekt ZEPPELIN, mit welchem der Fokus auf Bildungschancen von Kindern aus belasteten Familien gelegt wird. Erfahren Sie im Interview mehr zu ihrer Dissertation, ihren Motivationen und den Rahmenbedingungen für junge Forschende an der HfH.

Kristina Vilenica: Kannst du drei Stichworte nennen, die dich als Person beschreiben?

Patsawee Rodcharoen: Ich bin Entwicklungspsychologin, eine junge Wissenschaftlerin und ein kreativer Kopf.

Du hast in Basel studiert. Kannst du etwas zu deinem akademischen Hintergrund sagen? Wie bist du an die HfH gekommen?

Genau, ich habe Psychologie an der Universität Basel studiert. Nach meinem Masterabschluss im Jahr 2017 war ich sowohl in der Praxis als auch in der Forschung tätig. In beiden Bereichen beschäftigten mich Problematiken und Fragen rund um familiäre Kontextfaktoren, psychosoziale Belastungen und Chancengleichheit in der Bildung. Während dieser Zeit hat sich mein Promotionswunsch definitiv verfestigt – und als ich auf die Qualifikationsstelle in der ZEPPELIN-Studie aufmerksam gemacht wurde, war mir klar, dass ich mich in diesem Rahmen als Projektmitarbeiterin engagieren und weiterqualifizieren möchte. Das Doktoratsstudium «Brain and Behavioral Sciences» absolviere ich an der Universität Bern.

Mit welchen Projekten und Aufgaben beschäftigst du dich aktuell?

Hauptsächlich beschäftige ich mich mit laufenden operativen Aufgaben in der Langzeitstudie ZEPPELIN. Zurzeit sind wir kurz vor dem Start der nächsten Datenerhebungsphase. Nach den Datenerhebungen in der zehnten Datenerhebungswelle im letzten Jahr, werden wir in diesem Jahr in der 11. Welle in der häuslichen Umgebung der Familien mit dem Kind und der Bezugsperson ein Interview führen. Im Zentrum stehen dabei die Entwicklungphase zu Beginn der Pubertät und Themen wie beispielsweise Förderung der Selbständigkeit, die Gestaltung des Lernumfeldes zu Hause, der Umgang mit Regeln und Privatsphäre sowie gesundheitliche Aspekte und Erfahrungen in der Schule.

Parallel dazu bereiten wir im Team Rückmeldungen für Lehrpersonen vor, die im letzten Jahr an der Datenerhebung teilgenommen haben. Ich bin zudem in zwei weiteren Arbeitsgruppen tätig, einerseits zum Thema Governance am Institut für Professionalisierung und Systementwicklung an der HfH, andererseits zum Thema Bildung und Migration im Auftrag der Rektorenkonferenz der Schweizerischen Hochschulen (swissuniversities). Nebst diesen Aktivitäten verfasse ich empirische Artikel für meine Dissertation zum Thema «Entwicklung der Selbstregulation in hochbelasteten Familien». Dafür verwende ich Daten aus früheren Datenerhebungswellen in der frühen Kindheit und im Kindergartenalter.

Du sprichst deine Dissertation an. Das Thema lautet «Early childhood development within high-risk families: Role of social risk factors on the development of self-regulation within the context of the ZEPPELIN-study». Wieso hast du dieses Thema gewählt?

Kinder starten bereits im Kindergarten mit verschiedenen Voraussetzungen in ihrer selbständigen Regulationsfähigkeit, abhängig von ihrer sozialen Herkunft. Schwierigkeiten in der Verhaltensregulation können sich negativ auf verschiedene Entwicklungsbereiche im Lernen, Wohlbefinden und in der sozialen Entwicklung auswirken. Dabei sollten alle Kinder, unabhängig von der sozialen Herkunft, gleiche Chancen haben zu lernen, Beziehungen zu knüpfen, sich zu entwickeln.

Wir verstehen erst teilweise, wie sich kontextuelle Faktoren in der frühen Kindheit auf diese Entwicklung auswirken. Wir wissen, dass der Familie als wichtigstes Entwicklungsumfeld in der Kindheit eine zentrale Bedeutung zukommt. Wie sich familiäre Faktoren und Prozesse in hochbelasteten Familien – sowohl im förderlichen als auch hemmenden Sinne – auf die Entwicklung der Selbstregulation auswirken, sind erst ansatzweise erforscht.

Ich möchte einen Beitrag an die Forschung leisten, in dem ich die Entwicklung der Selbstregulation bei Kindern in Familien mit hohen psychosozialen Belastungen ab Geburt untersuche. Wie vollzieht sich die Entwicklung unter herausfordernden Lebensumständen und welchen Beitrag kann die Frühförderung in diesem Entwicklungsaspekt für die Kinder und für die Bezugspersonen leisten? Für die Beantwortung dieser spezifischen Fragen ist der umfassende ZEPPELIN-Datensatz der Längsschnittstudie besonders wertvoll.

Das tönt spannend – und komplex. Wie sind die Rahmenbedingungen für junge Forschende an der Hochschule ausgestaltet?

Die Qualifikationsbedingungen ermöglichen es mir, in einer Woche drei Tage im Projekt ZEPPELIN zu arbeiten und zwei Tage an der Dissertation – ein Tag davon ist bezahlt. Ich kann sowohl an der HfH als auch am Institut für Entwicklungspsychologie in Bern an Forschungskolloquien teilnehmen und so für methodische, inhaltliche, und anwendungsorientierte Fragen Inputs bekommen. Das sind tolle Bedingungen, die viele Kolleginnen und Kollegen, die ein Doktoratsstudium absolvieren, nicht haben.

Die Betreuungszusammenarbeit zwischen der pädagogischen und der universitären Hochschule ist weichenstellend für meine Forschungsarbeit. Ich werde von Prof. Claudia Roebers und Niamh Oeri (Institut für Psychologie, Abteilung Entwicklungspsychologie an der Universität Bern) und von Prof. Peter Klaver (Leiter des Zentrums Forschung und Entwicklung an der HfH) betreut sowie vom ZEPPELIN-Projektteam unterstützt.

Ich bin glücklich, dass ich von beiden Seiten, sowohl von der HfH als auch von der Uni Bern viel Zuspruch erhalte und in jeder Hinsicht unterstützt werde.

Der Bezug zu Wissenschaft und Praxis hat an der HfH einen grossen Stellenwert. Wie erlebst du dies in deiner täglichen Arbeit?

Wir arbeiten mit der Fachstelle für Elternbildung und -beratung zeppelin – familien startklar zusammen. Das Frühförderprogramm «PAT – Mit Eltern lernen», welches die Fachstelle in mehreren Kantonen in der Schweiz anbietet und koordinieret, steht auch im Projekt ZEPPELIN im Zentrum. Dabei fliesst das Praxiswissen der Mitarbeitenden der Fachstelle in unsere Forschungstätigkeiten und Publikationen mit ein. Unsere Erkenntnisse aus der Forschung können wiederum ausschlaggebend sein für neue Initiativen der Fachstelle.

Bei internationalen und nationalen Tagungen komme ich immer wieder mit Akteurinnen und Akteuren in Kontakt, was ich als sehr anregend empfinde. In der Swiss Society for Early Childhood Research (SSECR) bin ich Teil des Junior-Networks und auch da wird grosser Wert auf den Praxisbezug gelegt.

Was zeichnet deiner Meinung nach die HfH als Arbeitgeberin aus?

Hohe Flexibilität, anregendes Umfeld, interessanter Austausch auf hohem fachlichem Niveau, die vielen internen wertvollen Ressourcen und sehr hilfsbereite Kolleg:innen im Haus. Die Teilnahme an internationalen Tagungen wird gepflegt und unterstützt, ebenso der Austausch mit anderen Pädagogischen Hochschulen. Als Junior Researcher profitiere ich davon.

News. Die HfH hat per Januar 2019 die sogenannten Referenzfunktionen für das wissenschaftliche Personal eingeführt. Referenzfunktionen sind idealtypische Beschreibungen unterschiedlicher Tätigkeitsprofile und bestimmen den Rahmen für die Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten des wissenschaftlichen Personals an der HfH. Weitere Informationen

Autorin: Kristina Vilenica, MA, Hochschulkommunikation, HfH