WiRk – Wirksamkeit integrativer Regelklassen

Kategorie Projekt

Ausgangslage und Ziele

Die Schule und ganz besonders die sonderpädagogische Unterstützung von Schulkindern mit Schulschwierigkeiten stehen unter Legitimationsdruck. Insbesondere stellt sich die Frage nach der Wirksamkeit der schulischen Integration. In der Studie «Wirksamkeit integrativer Regelklassen (WiRk)» wird untersucht, ob und wie es heutzutage den Förderteams (Lehrpersonen, Heilpädagoginnen, Klassenassistent/innen) gelingt, alle Schulkinder – mit und ohne «besondere pädagogische Bedürfnisse» – zu qualifizieren und zu integrieren. Die besondere Bedürfnisse fokussieren auf die individuelle Unterstützung im  Bereich Lernen (Mathematik, Deutsch) und Verhalten. Die Entwicklung der Schulkinder in den beiden Bereichen wurde im Jahr 2016 an drei Messzeitpunkten untersucht.

Aus heilpädagogischer Perspektive interessieren dabei besonders die Zusammenhänge zwischen dem emotionalen, sozialen und leistungsbezogenen Befinden der Schulkindern, dem Verbleib der Kinder in den integrativen Regelklassen (Integrationsauftrag) sowie der kindlichen Verhaltens- und Lernentwicklung (Qualifikationsauftrag).

Projektleitung

Simona Altmeyer Titel Dr. phil.

Funktion

Senior Researcher

Fakten

  • Dauer
    09.2015
    09.2017
  • Neue Projektnummer
    5_47

Methodisches Vorgehen

Für die Datenerhebung wurden 431 Schulkinder – mit und ohne besondere pädagogische Bedürfnisse – aus insgesamt 27 integrativen Regelklassen auf der Mittelstufe aus den Kantonen Zürich, St. Gallen und Schwyz und ihr jeweiliges Förderteam mit verschiedenen standardisierten Instrumenten befragt. Die Studie ist als Längsschnittuntersuchung angelegt, mit drei Messzeitpunkten über das Jahr 2016 verteilt. Die Kinder, ihre Eltern, die Regellehrpersonen, die Heilpädagoginnen sowie die Klassenassisten/innen wurden an den drei Zeitpunkten zu bedeutsamen Faktoren, wie beispielsweise Unterrichtsqualität, zum Selbstwirksamkeitserleben, Beziehungsqualität sowie Verhaltens- und Lernentwicklung befragt.

Es wurden deskriptive und inferenz-statistische Methoden zur Datenauswertung eingesetzt. Zur Ermittlung von wechselseitig gerichteten Zusammenhängen der untersuchten Faktoren und zum besseren Verständnis des Wirkungsgeflechts des Unterrichts in integrativen Regelklassen wurde das so genannte «Cross-lagged Panel-Design» verwendet. Zur Leistungsmessung im Bereich Mathematik und Deutsch wurde der standardisierte Cockpit-Leistungstest eingesetzt. 

Ergebnisse

Leistungsniveau: Das mittlere Schulleistungsniveau der untersuchten Kinder unterscheidet sich nicht grundsätzlich vom Niveau der Kinder einer für die Deutschschweiz repräsentativen Eichstichprobe. Der Leistungszuwachs von Kindern ohne Massnahmen entspricht im Wesentlichen demjenigen der Kinder aus der Eichstichprobe. Kinder mit sonderpädagogischen Massnahmen erzielen im Durchschnitt in den Fächern Deutsch und Mathematik einen vergleichbaren Leistungszuwachs wie ihre Mitschülerinnen und Mitschüler, obwohl sie – wie zu erwarten war – ein tieferes Schulleistungsniveau aufweisen.

Verhalten: Verhaltensprobleme nehmen im Verlauf des Untersuchungsjahres im Durchschnitt ab und das prosoziale Verhalten steigt im Mittel leicht an. Bei Kindern mit sonderpädagogischen Massnahmen nehmen Verhaltensprobleme im Vergleich mit ihren Mitschülerinnen und Mitschülern stärker ab.

Integration und Befinden: Alle Kinder verbleiben im untersuchten Zeitraum in ihren Klassen, das heisst, es gab keine Klassenrepetitionen oder Versetzungen in Sonder- oder Privatschulen. Zwar weisen Kinder mit sonderpädagogischen Massnahmen ein tieferes akademisches Selbstkonzept auf und fühlen sich sozial schlechter integriert als ihre Mitschülerinnen und Mitschüler, emotional fühlen sie sich jedoch gleichermassen wohl. Ausserdem werden die Befindensunterschiede zwischen diesen Schülergruppen über ein Schuljahr hinweg nicht grösser.

Fazit: In den Regelklassen dieser nicht repräsentativen Stichprobe gelingt die Integration von Kindern, die sonderpädagogischen Massnahmen erhalten, und zwar ohne Benachteiligung ihrer Mitschülerinnen und Mitschüler ohne Massnahmen. Die auch in dieser Studie bestätigten Probleme des tieferen akademischen Selbstkonzepts und der schlechteren sozialen Integration von Kindern mit sonderpädagogischen Massnahmen führen zur Frage, ob und wenn ja wie diesen Problemen mit geeigneten Methoden begegnet werden kann.

Ausblick: In zukünftigen Forschungsprojekten soll die konkrete Gestaltung des Unterrichts in integrativen Regelklassen in Verbindung mit den Berufsprofilen und Arbeitsmodellen der Lehrpersonen und Schulischen Heilpädagoginnen und -pädagogen hinsichtlich Lernen, Verhalten und Befinden von Schülerinnen und Schülern anhand repräsentativer Stichproben untersucht werden.

Siehe dazu auch den zusammenfassenden Bericht und das Factsheet zu diesem Projekt.

Eine weiterführende Studie untersucht den Prozess der Förderung von Kindern mit Lern- und Verhaltensproblemen in integrativen Klassen.

Publikationen

  • Altmeyer, S., Burkhardt, S. C. A., Hättich, A., Krauss, A., Venetz, M., & Lanfranchi, A.
    (2018).
    Pilotstudie WiRk - Wirksamkeit sonderpädagogischer Massnahmen in integrativen Regelklassen. Effekte sonderpädagogischer Massnahmen auf schulische Leistungen, Verhaltenskompetenzen und subjektives Befinden.
    Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik.
  • Altmeyer, S., Burkhardt, S. C. A., & Hättich, A.
    (2016).
    Studie zur Wirksamkeit integrativer Regelklassen (WiRk).
    Schweizerische Zeitschrift für Heilpädagogik,
    22
    (2),
    35–41.