Emotionscoaching ist eine emotionsbezogene Erziehungspraktik, die v. a. in der Phase der Emotionssozialisation von Kindern, im Alter zwischen drei und neun Jahren, eine wichtige Rolle spielt. In dieser Zeit werden Metakognitionen und Metaemotionen (Gottman, Katz, & Hooven, 1996) gebildet, festigen sich und sind unbewusst und implizit verhaltens- und erlebensleitend. Diese Einstellungen zu Gefühlen – Metaemotionen genannt – werden wiederum von der Art und Weise beeinflusst, wie primäre Bezugspersonen auf den eigenen Emotionsausdruck reagieren. Je nachdem also, ob die Bezugspersonen Gefühle ignorieren, bestrafen, versuchen von ihnen abzulenken (Nichtbeachten von Emotionen) oder zum Ausdruck ermutigen und/oder Emotionsregulationsstrategien vermitteln (Emotionscoaching), entwickeln Kinder Vorstellungen davon, wie sie selbst mit ihren Gefühlen umgehen und ob sie sie benennen und regulieren können. Metaemotionen übertragen sich also über die Erziehung transgenerational. Kernziel von Tuning in to Kids («sich in Kinder einfühlen») ist daher, elterliche Metaemotionen, die auf das Unterdrücken oder Bestrafen von Gefühlen abzielen, zu hinterfragen und stattdessen zu etablieren, dass alle Gefühle, auch unangenehme, ihre Funktion und Berechtigung haben (Ginott, 1965).
Das in Australien entwickelte Programm richtet sich an Eltern von Kindern im Alter zwischen drei und zehn Jahren und verfolgt einen emotionsfokussierten Ansatz, der Elemente aus verschiedenen theoretischen Strömungen (z. B. Bindungstheorie, dialektisch-behaviorale Therapie, Achtsamkeitstherapie, neurowissenschaftliche Erkenntnisse) sowie entwicklungspsychologische Aspekte kombiniert.
Wenn Eltern und / oder Lehrpersonen die Emotionen von Kindern coachen, können eine bessere emotionale Entwicklung (z. B. Emotionsregulation) und weniger Verhaltensschwierigkeiten bei Kindern und Jugendlichen und auch Entspannung in der Schüler-Lehrer-Beziehung erreicht werden (Havighurst & Harley, 2013, Havighurst et al. 2022)
TIK wurde bereits in mehreren Ländern erfolgreich evaluiert. Dies ist insofern überraschend, als diese Länder recht verschiedenen Kulturkreisen angehören, wo der emotionale Ausdruck und die Werte in der Erziehung heterogen sind (z. B. Australien, USA, Deutschland, Iran, Hong Kong, Norwegen, Chile, Türkei und 2021-2022 in der Schweiz durch das Vorgängerprojekt (HfH 2-14 «Tuning in to Kids»).
Ob es für «unauffällige» Kinder, Kinder mit Verhaltensproblemen oder gar traumatischen Erfahrungen angewandt wurde, spielte keine Rolle: die Ergebnisse sind immer die gleichen: Verhaltensprobleme verringern sich, das Familienklima beruhigt sich, das Belastungserleben der Eltern sinkt und die Emotionsregulationskompetenzen der Kinder (und teils auch der Eltern / bzw. Lehrpersonen) nehmen zu. Somit ist TIK auf allen Interventionsstufen (als universelle, selektive und auch als indizierte Intervention) eine erfolgreiche Methode zur Reduktion von Verhaltensschwierigkeiten durch die Förderung der sozio-emotionalen Entwicklung und psychischen Gesundheit von Kindern und daher auch für Lehrpersonen interessant und relevant.
Das Pilotprojekt TIK-SUI soll den Rahmen für eine Folgestudie («Tuning in to Kids in Schools – TIKS») bilden.
TiK-SUI ist eine Mischung aus Forschungs- und Entwicklungsprojekt. Es soll für TIKS folgendermassen einen Rahmen schaffen:
- Vernetzung von internationalen Expertinnen mit Erfahrung mit TIK im Rahmen von Forschung und Verstetigung in der Praxis sowie im schulischen Kontext.
- Erfahrungs- und Wissensaustausch mit diesen Kolleginnen über die Implementation von TIK hinsichtlich: Schulischem Setting, Familiärem Setting spezieller Zielgruppen, z. B. für Kinder, die auffälliges Verhalten zeigen oder in der HFE, Therapeutischem Setting (z. B. Psychomotorik, Logopädie) i. S. der Erweiterung der Beratungskompetenzen der Fachpersonen, um bei Bedarf auch Eltern bzgl. Emotionen zu beraten. In welchem Rahmen (Kanton, Gemeinde, Schulbezirk, Finanzierung) kann eine Implementierung in der Schweiz sinnvollerweise begonnen werden.
- Verschriftlichung der gesammelten Erfahrungen und Publikation im Sinne eines Forschungsmethodenpapers / internationaler Survey.